In einer Marathonsitzung hat der Nationalrat über das Covid-19-Gesetz debattiert. Zentraler Punkt: Er verzichtet auf ein fixes Öffnungsdatum für die Gastronomie, Kultur- und Sportstätten. Was die Kultur angeht, hat der Rat weitere Beschlüsse gefasst. So will er etwa die Obergrenze für Beiträge an Kultur und Kulturschaffende nicht streichen.
Am Tag nach der Nationalratsdebatte ist Sandra Künzi von der Taskforce Culture «grundsätzlich zufrieden» mit den Entscheiden. Im Kultursektor habe es wichtige Anpassungen des Gesetzes gegeben.
Schutzschirm für Veranstalter
Die Präsidentin Theaterschaffende Schweiz hebt insbesondere hervor, dass Veranstalter eine Art Versicherung erhalten sollen. Demnach wird es eine Entschädigung vom Bund geben, falls Events wegen der Pandemie abgesagt werden müssen. «Damit können wir überhaupt wieder planen.» Für den Schutzschirm werden 350 Millionen Franken budgetiert.
Die Planungsunsicherheit, die seit mittlerweile einem Jahr anhält, ist eine grosse Belastung für die Kulturbranche. Zumal etwa Theater, Konzert- oder Festivalveranstalter ihren Betrieb nicht von heute auf morgen hochfahren könnten, gibt Künzi zu bedenken: «Diese Anlässe brauchen eine Vorlaufzeit von einem halben Jahr.»
Die kantonalen Ämter werden überschwemmt mit Gesuchen.
Das Verdikt der Autorin und Musikerin: Wenn das Parlament nicht handelt, droht ein weiterer Sommer, in dem das Kulturleben stillsteht. «Die Veranstalter werden nicht planen und sich für Millionenbeträge verpflichten, wenn sie keine Absicherung haben.» Auch, dass die Ausfallentschädigung auf freischaffende Künstlerinnen und Künstler ausgeweitet wurde, sei sehr wichtig.
Nationalrat gegen «Grundeinkommen»
Trotzdem gibt es für Künzi weiterhin problematische Aspekte in der Covid-19-Gesetzgebung. Allen voran: Der Nationalrat wolle dem «Zürcher Modell» einen Riegel schieben, wonach Kulturschaffende für einen befristeten Zeitraum eine fixe finanzielle Unterstützung bekommen.
Für solche kantonalen Pauschallösungen soll es laut dem Nationalrat keine Bundesbeiträge geben. «Offenbar löst das Modell grosse Ängste aus im Parlament. Nun will man einen Artikel ins Gesetz schreiben, um es zu verhindern», sagt Künzi. Dies sei jedoch kontraproduktiv.
Denn eine unbürokratische Lösung sei nicht nur für die Kulturschaffenden eine Entlastung, sondern auch für die Behörden: «Die kantonalen Ämter werden überschwemmt mit Gesuchen. In den letzten Monaten musste sich auch dort eine pragmatische Praxis etablieren.»
Das ewige Misstrauen, die Angst, dass Leute den Staat ausnützen – das ist Quatsch.
Im Nationalrat gab es auch kritische Stimmen gegenüber den Anliegen der Kulturbranche. So lehnte etwa die SVP den Schutzschirm für die Veranstalter ab. Künzi kann die Skepsis nicht verstehen. «Diese Gegenstimmen kommen immer aus der gleichen Ecke.»
Kulturschaffende seien wie alle Akteure, die auf Publikum angewiesen seien, mit einem faktischen Berufsverbot konfrontiert. «Das ewige Misstrauen, die Angst, dass Leute den Staat ausnützen – das ist Quatsch.»
Zumal es im Kulturbereich um weitaus kleinere Beträge als etwa bei der Härtefallentschädigung gehe, die vom Nationalrat um weitere neun Milliarden Franken aufgestockt wurde.