Der Vorschlag spaltet die Gemüter: Personen, die gegen Covid-19 geimpft worden sind, sollen in den Genuss von weniger Einschränkungen kommen. Laut Ethikerinnen und Staatsrechtler könne man darüber durchaus diskutieren. Allerdings frühstens dann, wenn genug Impfstoff für alle da ist.
Impfung scheint Viren-Weitergabe zu verhindern
Zudem sei eine solche Privilegierung nur dann sinnvoll, wenn feststeht, dass die Impfung nicht nur vor einer Erkrankung schützt, sondern auch die Weitergabe des Virus verhindert. Doch genau dies ist möglicherweise der Fall, wie Christoph Berger bestätigt, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF).
Neue Studien aus Israel und England zeigen, dass die Impfung Ansteckungen reduzieren könnte und so die Übertragung beeinflusst.
«Jetzt kommen Studien aus Israel und England, die erfreuliche Daten zeigen im Hinblick darauf, dass die Impfung Ansteckungen reduzieren könnte und damit einen Einfluss auf die Übertragung hat», so Berger gegenüber SRF. Damit komme dem Thema Lockerung von Massnahmen für Geimpfte neue Bedeutung zu.
Über solche Privilegien kann für Berger durchaus diskutiert werden. Allerdings erst dann, wenn die besonders gefährdeten Personen geimpft worden seien – und «wenn den Impfwilligen ein Angebot gemacht werden kann, sonst ist das illusorisch».
Grüne wollen Impfunwillige nicht benachteiligen
Die Bundeshausfraktion der Grünen hat sich in dieser Diskussion bereits letzten Dezember festgelegt. In einem Positionspapier forderte sie, dass es für Impfunwillige keine Nachteile geben dürfe. Wenn Menschen sich frei entscheiden würden, sich nicht zu impfen, dürften sie deswegen nicht diskriminiert werden, sagte Grünen-Präsident Balthasar Glättli.
Solange viele, die sich dringend impfen lassen möchten, diese Möglichkeit noch nicht gehabt haben, darf es keine Diskriminierung geben.
Dies gelte umso mehr, wenn eine Impfung tatsächlich vor einer Virus-Weitergabe schütze, so Glättli: «Solange ganz viele, die sich dringend impfen lassen möchten, diese Möglichkeit noch nicht gehabt haben, darf es auf keinen Fall eine Diskriminierung geben.»
Veranstalter darf keinen Impfausweis verlangen
Das geltende Gesetz lässt eine Diskriminierung aus Sicht der Grünen nicht zu. Wenn also zum Beispiel ein Open-Air-Veranstalter den Impfausweis von Konzertbesuchern verlange, bräuchte es dafür eine gesetzliche Grundlage. Und die müsste erst geschrieben werden.
Der Bundesrat hat die Freiheitseinschränkungen per Verordnung befohlen, also kann auch er sie wieder zurückbauen.
Eine solche Grundlage sei nicht nötig, entgegnet die Staatspolitische Kommission des Ständerats. Sie hätte darauf verzichtet, gesetzgeberisch einzugreifen, so Präsident Andrea Caroni, FDP-Ständerat aus Appenzell Ausserrhoden: «Die massiven Freiheitseinschränkungen, die es gibt, hat der Bundesrat per Verordnung befohlen. Also kann er sie in der gleichen Verordnung ganz oder teilweise auch wieder zurückbauen.»
Eine Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften kann der Bundesrat laut Caroni also allein festlegen. Das Parlament brauche dafür nicht tätig zu werden. Dennoch: Die Diskussion über ein normaleres Leben für Geimpfte dauert an – solange zumindest, bis genügend Impfstoff da ist.