Vieles wird teurer in der Schweiz und die Löhne können nicht mithalten – Lohnerhöhungen werden von der Teuerung gleich wieder weggefressen. Die Menschen haben also immer weniger Geld zur Verfügung für alltägliche Ausgaben, Restaurantbesuche oder Ferien – die Kaufkraft nimmt ab.
Man spürt wahnsinnig, dass sich die Leute zweimal überlegen müssen, ob sie Geld ausgeben oder nicht.
Tausende von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern sind heute durch Bern gezogen, um ihren Forderungen gegen diesen Zustand Nachdruck zu verleihen. Die Teuerung sei real – und in den Portemonnaies angekommen, erklärte eine Verkäuferin: «Man spürt wahnsinnig, dass sich die Leute zweimal überlegen müssen, ob sie Geld ausgeben oder nicht.»
Zu diesen Leuten gehört auch eine Kollegin aus dem Verkauf: «Mit 2900 Franken Lohn bei 80 Prozent kann ich nicht in den Ausgang, nicht in die Ferien – ich muss mir alles einteilen.»
Auch ein Ostschweizer Elektriker spürt die Inflation am eigenen Leib: «Die Energiekosten sind in der Zwischenzeit spürbar gestiegen – wir sind jetzt ziemlich am Sparen.» Das kennt auch ein Familienvater und Tramchaffeur aus Zürich: «Jede Woche ins Restaurant – darauf verzichten wir jetzt natürlich.»
Bei 90 Prozent der Arbeitnehmenden hat es einen Reallohnverlust gegeben, das ist nicht haltbar.
Forderung der Gewerkschaft: fünf Prozent mehr Lohn
Solche Stimmen hört man an der Demo in Bern überall. Vania Alleva ist Mitorganisatorin und Präsidentin der Gewerkschaft Unia und sagt: «Der Wirtschaft geht es gut, dank den Arbeitnehmenden. Die Löhne sind in den letzten drei Jahren bei den Topverdienern gestiegen, bei 90 Prozent der Arbeitnehmenden hat es aber einen Reallohnverlust gegeben.» Das sei nicht haltbar – es brauche generelle Lohnerhöhungen.
Fünf Prozent sollen alle mehr bekommen, fordert Alleva. Daneben müssen die Prämienverbilligungen ausgebaut, der Mieterschutz verbessert werden – und auch AHV-Renten sollen rauf, zum Beispiel mit einer dreizehnten AHV-Auszahlung.
Bürgerliche reden vom Giesskannenprinzip
Ein Bündel an Forderungen, die im Bundeshaus auf der bürgerlichen Seite auf wenig Sympathie stossen. Vom Gieskannenprinzip ist die Rede. Die Bürgerlichen sagen, den sozial Schwachen werde bereits geholfen. Die Ursachen der steigenden Kosten müssten für den Mittelstand angegangen werden.
Martin Landolt, Nationalrat von der Mitte sagt: «Wir wollen die Weichen stellen bei den Gesundheitskosten mit unserer ‹Kostenbremsen-Initiative›, wir engagieren uns auch für mehr Autonomie der Schweizer Wirtschaft, also weniger Abhängigkeit vom Import.» Dies seien langfristige Massnahmen, die halt nicht so schnell im Portemonnaie zu spüren seien, so Landolt weiter.
Nicht immer mehr Abgaben, nicht immer mehr Steuern.
FDP will beim Staat ansetzen
Nationalrätin Daniela Schneeberger von der FDP möchte weniger Einfluss des Staates. Für die Wirtschaft und insbesondere die KMU müssten die Rahmenbedingungen verbessert werden: «Das heisst: nicht immer mehr Abgaben, nicht immer mehr Steuern», so Schneeberger weiter.
Haben die Firmen mehr Geld in der Kasse, dann können sie auch höhere Löhne zahlen. Das sind die bürgerlichen Rezepte gegen das teurer werdende Leben. An der Demo in Bern sieht die Lösung anders aus: generell mehr Lohn.