Elisabeth Baume-Schneider hat gestern die Wahl in die Landesregierung und damit die Überraschung geschafft. Die Jurassierin holte mit 123 exakt die Anzahl Stimmen, welche für das absolute Mehr nötig waren.
Vor der Wahl wurde oft ins Feld geführt, dass es staatsrechtlich fragwürdig sei, wenn mit der Wahl von Baume-Schneider eine lateinischsprachige Mehrheit im Bundesrat vertreten sein würde. Und kaum war ihr Gelöbnis abgelegt, wurde dieser Punkt erneut angesprochen – etwa von der FDP, welche daran erinnerte, dass die Bundesverfassung «eine gerechte Verteilung der Sitze» verlange.
Doch was sagt die Verfassung wirklich zur Vertretung der Landesgegenden und Sprachregionen im Bundesrat? Felix Uhlmann, Professor für Staatsrecht an der Universität Zürich, ordnet ein.
SRF News: Es sei darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Landesgegenden und Sprachregionen im Bundesrat angemessen vertreten seien. Das geht aus der Bundesverfassung hervor. Wie ordnen Sie das als Staatsrechtsexperte ein?
Felix Uhlmann: Verfassungsrechtlich ist die Sachlage klar: Die neue Zusammensetzung des Bundesrats ist rechtlich gesehen völlig unproblematisch.
Die neue Zusammensetzung des Bundesrats ist rechtlich gesehen völlig unproblematisch.
Wir haben nun drei französischsprachige, einen italienischsprachigen und drei Bundesratsmitglieder aus der Deutschschweiz im Gremium. Unter dem Gesichtspunkt der Bundesverfassung ist dies eine angemessene Vertretung der verschiedenen Landesgegenden und Sprachregionen.
Wann wäre dies nicht mehr der Fall?
Wenn wir beispielsweise gleich sieben lateinischsprachige Bundesratsmitglieder hätten, wäre das sicher nicht angemessen. Aber ich denke, das versteht sich von selbst. Der Verfassungsartikel, auf den im Vorfeld der Wahl und auch jetzt verwiesen wird, ist zudem sehr weich formuliert. Er macht keine klaren Vorgaben. Es gibt andere Argumente im Kontext von Bundesratswahlen, die weitaus deutlicher definiert sind. Beispielsweise die Voraussetzung, dass nur Schweizer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in die Landesregierung dürfen.
Die neue Zusammensetzung ist also staatsrechtlich gesehen astrein.
Genau. Man muss sich auch immer vor Augen führen, dass die angemessene Vertretung der Landesgegenden und Sprachregionen einen Minderheitenschutz darstellt. Das bedeutet, die Bestimmung zielt vor allem darauf ab, dass genügend lateinische Personen Teil des Bundesrats sind. Dies ist in den Rechtswissenschaften auch unumstritten. So steht im relevanten Kommentar diesbezüglich auch, dass mindestens zwei, besser aber drei Bundesräte aus der lateinischen Schweiz stammen sollen. Dies macht auch Sinn, denn es ist vor allem die lateinische Schweiz, die Gefahr läuft, marginalisiert zu werden – und nicht die Deutschschweiz.
Nichtsdestotrotz ist jetzt die ländliche Schweiz deutlich übervertreten in der Landesregierung.
Auch dies ist staatsrechtlich unproblematisch. Bezüglich des Verhältnisses von städtischen und ländlichen Landesteilen im Bundesrat gibt es in der Verfassung keine Bestimmung, welche in der neuen Konstellation relevant wäre.
Es sind keine juristischen, sondern politische Argumente, die ins Feld geführt werden.
Egal, wie man an die Frage herangeht: Die Zusammensetzung des Bundesrats, welche sich nach der Wahl von Albert Rösti und insbesondere Elisabeth Baume-Schneider ergibt, ist verfassungskonform. Es sind keine juristischen, sondern politische Argumente, die ins Feld geführt werden.
Das Gespräch führt Pascal Studer.