Die Schweizer Justizlandschaft steht vor einer grossen Digital-Offensive: Bis ins Jahr 2026 sollen alle Gerichte und Staatsanwaltschaften in der Schweiz weitgehend papierlos funktionieren.
Heute führt der Weg zum Recht in der Schweiz noch immer über hohe Papierberge. So erzählt Jacques Bühler, stellvertretender Generalsekretär des Bundesgerichts, davon, dass ihm das erst vor wenigen Tagen beim Besuch in einer Bundesgerichtskanzlei wieder aufgefallen sei, wie vor der Tür sieben grosse Kartonschachteln und darin zahlreiche Ordner der kantonalen Akten gelagert waren. Und das zu einem einzigen Fall.
Die Digital-Offensive
Solche Anblicke soll es mit Justizia 4.0 nicht mehr geben. Das Ziel: In fünf Jahren sollen alle Verfahren nur noch digital geführt werden – dank einer gesamtschweizerischen Justizplattform, auf der alle Akten für alle Verfahrensbeteiligten gespeichert sind. Die Idee: Man wird elektronisch auf die Plattform zugreifen und schneller eine bestimmte Stelle in den umfangreichen Akten finden können.
Somit sollen die Verfahren zukünftig effizienter sein. Bühler ist zuversichtlich, dass die über 15'000 Justiz-Mitarbeitenden beim Bund und den Kantonen diesen grossen Kulturwandel gut bewältigen. Etwas zurückhaltender schaut Matthias Miescher vom Schweizerischen Anwaltsverband auf Justizia 4.0.
Bedenken an Digitalisierungsprojekt
Er und viele seiner Kolleginnen und Kollegen sähen dem Projekt mit einem gewissen Unbehagen entgegen. Sie stellen sich die Frage, wie das dann wirklich funktionieren wird. Zum einen sei manche Anwaltskanzlei zurzeit noch zu wenig für die digitale Justiz gerüstet und müsse viel Geld in neue Systeme investieren. Ausserdem macht sich Miescher Sorgen wegen der Datensicherheit.
Die Berufspflichten von Juristinnen und Juristen seien sehr streng. Wenn das Land digitalisiert werde, verliere man auch bis zu einem gewissen Grad die Kontrolle über diese Datenflüsse, so Miescher.
Die Verantwortlichen von Justizia 4.0 betonen, dass in der Ausschreibung für die digitale Justiz-Plattform vorgesehen sei, dass alle Daten auf Schweizer Servern gesichert sein müssten. Ausserdem seien die kantonalen Datenschützer in den Aufbau der Plattform involviert. Die ersten Tests sollen noch vor 2022 beginnen.