Ein Referendum ergreift man, wenn man mit einem Gesetz, das das Parlament geändert und beschlossen hat, nicht einverstanden ist. Es braucht 50'000 gültige Unterschriften. «Das Referendum ist das direktdemokratische Instrument der Stunde», stellt Politologe Lukas Golder vom Forschungsinstitut GFS Bern fest.
Immer wieder würden Referenden vom Volk angenommen, sprich: Die vom Parlament ausgearbeitete Vorlage wird versenkt. Vor allem die Pol-Parteien SVP und SP greifen zum Referendum.
Ein Referendum ist eine Art Penalty in der Demokratie.
Für die Demokratie sei das Referendum eine gute Sache, sagt Daniel Graf. Er hat die Plattform «we collect» mitgegründet. Sie unterstützt Verbände, Netzwerke oder Parteien beim Sammeln von Unterschriften.
«Ein Referendum ist eine Art Penalty in der Demokratie. Der Ball landet immer wieder im Tor – ein Projekt kann so quasi in letzter Minute gestoppt werden», sagt Graf.
Parlamentsbeschlüsse infrage gestellt
Derzeit sind etliche Referenden bereits eingereicht. So kommt es zu Abstimmungen über den Energie-Mantelerlass, die Pensionskassenreform oder das Mietgesetz.
Arbeiten Bundesrat und Parlament also derart schlecht, dass die Beschlüsse so häufig infrage gestellt werden? Denn schliesslich würde das Referendum nicht ergriffen, wenn von der Politik gute Kompromisse gezimmert würden.
Die Frage sei schwierig zu beantworten, sagt Flavia Caroni, Politikwissenschaftlerin an der Universität Zürich. Die vielen Referenden könnten jedoch schon eine Art Warnlampe sein, «dass Bundesrat und Parlament gewisse Interessen nicht berücksichtigt haben», so Caroni.
Für neue Themen: Volksinitiative
Im Gegensatz zum Referendum bringt die Volksinitiative ein neues Thema aufs Tapet. Damit sie zustande kommt, braucht es 100'000 Unterschriften. «Mit der Initiative können sich auch kleine Gruppen mit einem Anliegen in die politische Diskussion einbringen», erklärt Politologin Caroni.
So werden in der Schweiz auch Themen diskutiert, die von der Politik vorher nicht aufgenommen worden sind. Ein Beispiel ist die Frage, ob Kühe Hörner haben sollen oder nicht. An der Urne hat ein solches Anliegen zwar oft keine Chance, aber es wurde in Gesellschaft und Politik eine Debatte ausgelöst.
Die Volksinitiative ist das legitime Recht aller Gruppen – und dazu gehören auch die Parteien.
Und manchmal führt eine Initiative zu einem Gegenvorschlag. So will der Bundesrat beispielsweise den Import von Stopfleber nicht verbieten, wie es eine Initiative verlangt. Aber, die Landesregierung schlägt immerhin eine Pflicht zur Deklaration vor – ein Teilerfolg für die Initiantinnen und Initianten.
Initiativen als Wahlkampf-Vehikel
Dass Initiativen oft von grösseren Parteien, Verbänden und Institutionen lanciert werden, sei problematisch, sagt der Politologe Golder. Denn speziell die Parteien, die im Bundesrat vertreten sind, hätten ja die Möglichkeit dort Einfluss zu nehmen.
Beliebt ist die Lancierung von Initiativen vor allem in Wahljahren – als eine Art Vehikel im Wahlkampf. «Aber eben: Die Volksinitiative ist das legitime Recht aller Gruppen – und dazu gehören auch die Parteien», sagt Golder.
Wichtig sei, dass über die Themen fundierte Debatten geführt würden. Denn das belebe die Demokratie. Und darin sind sich alle drei Polit-Experten einig.