Als Mitglied des Schengen-Raums ist die Schweiz verpflichtet, die Europäische Grenzschutzagentur Frontex mit Geld und Personal zu unterstützen. Und sie muss sich deshalb auch an der geplanten massiven Aufstockung der Grenz- und Küstenwache beteiligen, welche die EU plant.
Weil die Einsätze von Frontex in letzter Zeit in die Schlagzeilen geraten sind, hat eine Delegation der sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats über Pfingsten die Situation in Griechenland unter die Lupe genommen. Sie ist mit intensiven Eindrücken nach Hause gekommen.
Schlimme Zustände in Griechenland
Gesehen habe man den Bau einer riesigen Mauer, berichtet der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch: «Europa macht nichts anderes, als Donald Trump gegenüber Mexiko machen wollte.» Und der grüne Ständerat Thomas Zopfi/GL stellt fest: «Das ist die Festung Europa.»
Der freisinnige Waadtländer Ständerat Olivier Français berichtet von fünfjährigen Kindern, die in Zellen eingesperrt seien, die man fast mit einem Hühnerkäfig vergleichen müsse. Die Mehrheit der Kommission stellte deshalb den Antrag, die aus ihrer Sicht problematische Flüchtlingspolitik der EU mit Ausgleichsmassnahmen abzufedern.
Konkret wollte die Kommissionsmehrheit, dass die Schweiz im Jahr 2023 bis zu 2800 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge direkt aus dem Ausland aufnehmen solle. Dies im Rahmen des sogenannten Resettlement-Programms. Das wären bis zu dreimal mehr Menschen als heute. Eine Minderheit von SP und Grünen wollte sogar 4000 Menschen aufnehmen, fünfmal mehr als heute.
Bei Frontex geht es nicht um Flüchtlingspolitik
Doch der Ständerat lehnte beides ab – die Erhöhung auf 2800 Flüchtlinge zwar nur ganz knapp mit einer Stimme Unterschied. Argumentiert wurde vor allem damit, dass die Frontex-Vorlage der falsche Ort sei, um über Flüchtlingskontingente zu entscheiden.
«Es ist eine falsche Politik, wenn wir alles, was Schengen und Frontex betrifft, noch mit Flüchtlingspolitik aufladen», sagte der parteilose Schaffhauser Ständerat Thomas Minder.
Es geht nicht darum, die Welt zu verbessern. Es geht darum, die Sicherheit zu stabilisieren.
Auch der Bundesrat warnte eindringlich davor, die Frontex-Vorlage mit Flüchtlingspolitik zu verbinden. So sagte Finanzminister Ueli Maurer, der politisch dem Grenzwachtkorps vorsteht, es gehe bei der Vorlage nicht darum, die Welt zu verbessern. «Es geht darum, die Sicherheit zu stabilisieren.»
Erwachsene Flüchtlinge schwierig zu integrieren
Eine Rolle gespielt haben dürfte auch ein Brief von gleich zwei Konferenzen kantonaler Regierungsvertreterinnen und -vertreter an den Ständerat.
SVP-Vertreter Jakob Stark aus dem Kanton Thurgau las daraus vor: Die bisherigen Erfahrungen hätten gezeigt, dass erwachsene Resettlement-Flüchtlinge viel intensiver betreut werden müssten, heisst es in dem Brief. Und weiter: «Ihre Integrationsperspektiven sind oft weniger gut als die anderer Flüchtlinge.»
Das hat die knappe Mehrheit des Ständerats offenbar überzeugt. Nun geht die Vorlage an den Nationalrat. Dort werden SP und Grüne mit Sicherheit ihren Antrag, deutlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen, noch einmal stellen.