Wie viele Jassrunden, Vereinsversammlungen, Stubeten und Taufessen das «Sigristenhaus» in Illgau schon gesehen hat? Niemand weiss es, doch es waren eine ganze Menge.
Vor gut 250 Jahren wurde es erbaut, gleich neben der Kirche; schon damals war es ein Wirtshaus, und das ist es auch heute noch, wo seine Balken längst dunkel geworden sind. Karl Betschart sagt: «Das ist unser einziges Restaurant und eine Begegnungsstätte fürs ganze Dorf. Es ist wichtig, damit die Leute hier wohnen bleiben.»
Darum kämpft Betschart auch dafür, dass es das «Sigristenhaus» weiterhin gibt. Als Präsident einer Sammelaktion, die Geld zusammenbringen soll für die dringend notwendige Sanierung des denkmalgeschützten Hauses und einen Anbau. Ein Projekt dafür gibt es, die Baubewilligung ist da. Kostenpunkt: 6 Millionen Franken. Nur: «Alleine bekommen wir das nicht hin», sagt Betschart. «Dafür ist das Steuersubstrat hier oben zu bescheiden.»
Mehr als 200 Freiwillige packen an
In Illgau leben knapp 800 Menschen, auf einer Art Sonnenterrasse inmitten der Zentralschweizer Voralpen, oberhalb des Mutoatals, gut zwanzig Autominuten vom Kantonshauptort Schwyz entfernt. Soziale Treffpunkte sind dünn gesät in der Umgebung, darum hätte alle einen Bezug zum «Sigristenhaus», sagt Betschart. Und darum packten nun auch alle an, um einen Beitrag zur Rettung des Restaurants zu leisten.
Tatsächlich hat das Dorf erstaunliches fertiggebracht: Mehr als 200 Freiwillige jeden Alters stellten an den ersten beiden Novemberwochenenden fünf Unterhaltungsabende auf die Beine, deren Einnahmen der Sanierung zugutekommen. Musik, Schauspiel und Tanz in der Mehrzweckhalle, dazu Abendessen und Getränke. Sämtliche Shows waren ausverkauft, insgesamt 2500 Gäste – mehr als viermal so viel, wie das Dorf Einwohnerinnen und Einwohner hat.
«Das ist unser Dorfgeist», sagt die Illgauerin Eveline Wandfluh, die an den Abenden in der Küche half. «Wenn hier jemand etwas an die Hand nimmt, dann helfen die Leute, dann schauen sie zueinander.»
Und sie scheinen es auch zu geniessen: «Das ist etwas Spezielles, das schweisst unser Dorf zusammen», sagt Fabian Heinzer, der mit seiner Band als Musiker auftrat.
Für Karl Betschart ist klar: Die Menschen in Illgau tun das, was auch ihre Vorfahren schon getan haben. «Die haben sich schon zusammengerauft, um die Kirche finanzieren zu können», sagt er. «Jetzt tun sie es wieder, weil sie erkennen, wie wichtig die Wirtschaft Sigristenhaus für unsere Gemeinschaft ist.
Die Menschen hier haben sich schon zusammengerauft, um die Kirche finanzieren zu können.
Mit Freiwilligenarbeit an Unterhaltungsabenden ist es freilich nicht getan. Betschart rechnet zwar damit, zum Sanierungsprojekt «einen hübschen Batzen» beitragen zu können, auch wenn er noch keine genauen Zahlen hat. Aber reichen wird das nicht.
«Die Unterhaltungsabende sind nicht entscheidend, ob das Restaurant saniert werden kann oder nicht», sagt Karl Betschart. «Aber sie sind ein Signal gegen aussen und sie bringen uns Sympathien.»
Spendenaktion und Crowdfunding laufen weiter
Und vielleicht auch weitere Unterstützung: Zur Sanierung des «Sigristenhauses» laufen noch immer Spendenaktionen und ein Crowdfunding, zudem können Aktien gezeichnet werden.
Die Hoffnung, dass die Dorfwirtschaft saniert werden kann, ist weiterhin intakt bei den Illgauerinnen und Illgauern. Nach den ausverkauften Unterhaltungsabenden erst recht.