Zum Inhalt springen

Eizellenspende im Ausland «Als hätte ich ein illegales Kind auf die Welt gebracht»

Der Bundesrat will die Eizellenspende erlauben. Eine Mutter erzählt, wie sie sich ihren Kinderwunsch erfüllen konnte – im Ausland.

Der Bundesrat fällt an seinen wöchentlichen Sitzungen Entscheide, die das Leben der Menschen mal mehr und mal weniger direkt betreffen. Am Donnerstag hat er einen Grundsatzentscheid verkündet, der definitiv in die erste Kategorie gehört: Der Bundesrat will nämlich die Eizellenspende in der Schweiz erlauben.

Den Auftrag, die Eizellenspende zu legalisieren, hatte er vom Parlament gefasst. Eine entsprechende Motion war im September 2022 an die Landesregierung überwiesen worden. Im Ständerat war die Mehrheit nur knapp.

Die Zulassung der Eizellenspende soll verhindern, dass verheiratete Paare für die Erfüllung ihres Kinderwunsches ins Ausland reisen. Genau das hat Sandra Hayoz getan. Sie ist nur dank einer Eizellenspende Mutter geworden.

Eine «klassische Kinderwunschreise»

Zehn Jahre bleibt ihr Kinderwunsch unerfüllt, bis sie sich mit ihrem Partner zu dem Schritt entscheidet. «Ich hatte das Gefühl, wir tun etwas hochgradig Verbotenes», erzählt sie in eindringlichen Worten. «Es macht mich auch traurig, weil es sich anfühlte, als hätte ich ein ‹illegales› Kind auf die Welt gebracht.»

Für das Paar ist aber von Anfang klar, dass es nicht verheimlichen will, wie es sich seinen Kinderwunsch erfüllen konnte. «Aus unserer Perspektive haben wir nichts Schlimmes, nicht Illegales gemacht, entsprechend gehen wir offen damit um.»

Künstliche Befruchtung
Legende: In der Schweiz nehmen jedes Jahr 6000 bis 7000 Paare mit unerfülltem Kinderwunsch medizinische Hilfe in Anspruch. Eine unbestimmte Anzahl Paare reist dafür ins Ausland. Keystone/Gaetan Bally

Sie und ihr Mann hätten eine «klassische Kinderwunschreise» hinter sich gehabt, vom ersten Gespräch über zahllose Versuche, schwanger zu werden. Sie holen sich professionelle Hilfe, eine hormonelle Behandlung folgt auf die andere. Neun künstliche Befruchtungen bleiben erfolglos. «Ich kam mir vor, als wäre ich seit Jahren die beste Kundin in der Frauenklinik», sagt sie mit einem Schmunzeln. «Aber es wollte einfach nicht klappen.»

Mit jeder missglückten Schwangerschaft wird der Schmerz grösser – genauso wie der Kinderwunsch. Immer wieder kommt es zu Fehlgeburten. «Dann sagte uns der Arzt, dass wir an einen Punkt gekommen sind, an dem es einfach nicht funktioniert.»

Eizellenspende auch für unverheiratete Paare

Box aufklappen Box zuklappen

Der Bundesrat unterstützt das Ziel, will dabei aber weiter gehen als National- und Ständerat, wie er am Mittwoch im Grundsatz beschlossen hat. Er schlägt vor, die Ei- und die Samenzellenspende auch unverheirateten Paaren zu ermöglichen, die einen unerfüllten Kinderwunsch haben. «Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Beschränkung auf verheiratete Paare nicht mehr zeitgemäss ist und nicht der sozialen Realität entspricht», wie er schrieb.

Die Schweiz regelt die Fortpflanzungsmedizin bislang vergleichsweise streng. Nur verheiratete Paare dürfen sie in Anspruch nehmen, wenn sie unfruchtbar sind oder das Risiko besteht, dem Kind eine schwere Erbkrankheit weiterzugeben. Ihnen steht die künstliche Befruchtung von Eizellen im Labor und die Samenspende zur Verfügung. Das heisst: Das Gesetz bietet nur dann eine Lösung, wenn der Mann unfruchtbar ist. (sda)

Sandra Hayoz ist um die 40 als sie spürt, dass sie nicht mehr kann – und ihren Traum von einer eigenen Familie innerlich aufgibt. Per Zufall hört sie von Bekannten, die ihr Kind mit einer gespendeten Zelle aus dem Ausland bekommen haben.

«Wir hätten nie gedacht, dass wir nach all den Jahren beim Thema Eizellenspende landen würden», erinnert sie sich. Sie suchen Rat beim «Professor ihres Vertrauens», doch dem sind durch das Gesetz die Hände gebunden – er kann ihnen nicht weiterhelfen.

Heute sind wir zu Dritt und haben einen gesunden, achtjährigen Jungen. Er ist rotzfrech, wie es sich gehört, und macht uns eine Riesenfreude.
Autor: Sandra Hayoz

Schliesslich entscheidet sich das Paar dazu, nach Barcelona zu fliegen, und den Eingriff in einer dortigen Klinik durchführen zu lassen. Ausschlaggebend war dabei auch die Gesetzeslage im Land: «Die Vorschriften waren so, dass wir das Gefühl hatten, dass keine Frau ausgenutzt worden ist.»

Neugeborenes Baby.
Legende: In Spanien ist die Eizellenspende, wie fast in allen anderen europäischen Ländern, erlaubt. Dort dürfen Paare mit unerfülltem Kinderwunsch auf künstliche Befruchtung mit gespendeten Eizellen zurückgreifen. Imago/Cavan Images (Symbolbild)

Nach zehn Jahren enttäuschter Hoffnungen klappt es endlich – die beiden werden Eltern eines Buben, dank der Eizellenspende aus Spanien. «Heute sind wir zu Dritt und haben einen gesunden, achtjährigen Jungen», sagt Sandra Hayoz: «Er ist rotzfrech, wie es sich gehört, und macht uns eine Riesenfreude.»

Ihr Familienglück ist perfekt, das Hoffen und Bangen von damals weit weg. Genau das wünscht sie nun auch allen anderen Paaren, deren Kinderwunsch unerfüllt ist. «Ich hoffe, dass die Eizellenspende auch in der Schweiz bald eine ganz Behandlungsmethode wird und ganz viele kinderlose Paare profitieren können.»  

Die aktuelle Gesetzeslage in der Schweiz

Box aufklappen Box zuklappen

Was ist erlaubt?

Das Gesetz erlaubt die Samenspende. Zugang dazu haben jedoch nur verheiratete Paare, seit Mitte 2022 auch verheiratete Frauenpaare. Es gibt verschiedene Methoden, die zur Anwendung kommen. Bei einer Insemination werden Samenzellen in die Gebärmutter eingeführt. Die In-vitro-Fertilisation (IVF) bezeichnet die «künstliche Befruchtung», bei der Eizelle und Samenzelle «im Glas» (in vitro) ausserhalb des Körpers der Frau vereinigt werden; der aus dieser Befruchtung hervorgegangene Embryo wird anschliessend in die Gebärmutter der betroffenen Frau eingesetzt. Die Samenzellen für die Insemination oder die IVF stammen entweder vom Partner oder aus einer Samenspende.

Was ist heute verboten?

Die Eizellen- und die Embryonenspende sowie die Leihmutterschaft sind in der Schweiz nicht erlaubt. Bei der PID ist die Bestimmung anderer Eigenschaften, etwa des Geschlechts oder der Augenfarbe, verboten. Ebenfalls nicht erlaubt ist die Auswahl eines Embryos, das einem kranken Geschwister als Stammzellenspender dienen könnte. Bei einer Samenspende dürfen die Eltern den Spender nicht auswählen. Das Zentrum für Fortpflanzungsmedizin achtet aber bei verschiedengeschlechtlichen Ehepaaren auf eine gewisse äusserliche Ähnlichkeit zwischen dem Wunschvater und dem Samenspender. (sda)

SRF 4 News, 31.01.2025, 17:15 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel