Nina und Horst wollen ein Kind. Sie setzen die Verhütung ab, doch nichts passiert.
«Wir haben gemeint, wir müssten einfach Sex haben und würden schwanger – leider hat das nicht geklappt.»
Der lange Weg zum eigenen Kind
Nina und Horst heissen eigentlich anders. Weil sie ihr Kind schützen wollen, erzählen sie ihre Geschichte anonym, ein paar Details sind geändert. Heute sind sie eine ganz normale Familie: Vater, Mutter, Kind. Das Kind ist allerdings aus einer Eizellenspende entstanden.
«Wir haben viele kleine Diagnosen. Jede einzelne wäre wohl mit Medikamenten therapierbar, alle zusammen waren aber zu viel», erzählt Nina. Sie haben sich deswegen medizinische Hilfe geholt. Aber auch mit medizinischer Unterstützung, mit sogenannten ICSIs, eine Variante der In-Vitro-Fertilisation, hat es nicht geklappt.
Die beiden reisen nach Spanien, ursprünglich um mehr Diagnostik zu erhalten: «Die Gesetze in Spanien sind liberaler als hier in der Schweiz, da ist mehr möglich. Deswegen sind sie führend im medizinischen Bereich und sie sind auch auf internationale Paare ausgerichtet», so Horst.
In Spanien haben sie es erneut mit eigenen Eizellen versucht – vergeblich.
Da haben sich Nina und Horst das erste Mal mit Eizellenspende auseinandergesetzt. «Für mich war es am Anfang sehr schwierig, ich konnte mir nicht vorstellen, dass meine Eizellen nicht genug sein könnten. Doch wir standen vor der Frage: Eizellenspende oder keine Kinder», erzählt Nina.
Spende in Spanien anonym
Nina und Horst wissen wenig über ihre Spenderin. Sie wissen, dass die Frau auch europäischer Abstammung ist, so wie Nina. Sie wissen aber weder Augen- noch Haarfarbe und auch das Alter kennen sie nicht. In Spanien ist die Eizellenspende anonym, das heisst, das Kind von Nina und Horst wird nie erfahren, wer seine genetische Mutter ist. Nur in einem medizinischen Notfall gäbe es Einsicht in das zentrale Register, das der Staat Spanien führt.
Obwohl die beiden in Spanien mit ihrer Klinik und vor allem ihrer Ärztin gute Erfahrungen gemacht haben, hätten sie die Eizellenspende lieber in der Schweiz bekommen: «Niemand fliegt gerne für eine Fruchtbarkeitsbehandlung früh morgens um 6 Uhr ab, nimmt diverse Medikamente über die Grenze und wird noch wegen Covid gestoppt», so Horst. Vieles wäre einfacher gewesen, hätten sie die Spende in der Schweiz machen können.
Politik macht Weg frei für Eizellenspende für Ehepaare
National- und Ständerat haben einer Motion zugestimmt, mit der die Eizellenspende in der Schweiz legalisiert und der Fortpflanzungstourismus von verheirateten Paaren mit Kinderwunsch eingedämmt werden soll.
Mit der Legalisierung der Eizellenspende würden Ehepaare, bei denen der Unfruchtbarkeitsgrund bei der Frau liegt, den Ehepaaren gleichgestellt, bei welchen der Unfruchtbarkeitsgrund beim Mann liegt, erklärt Katja Christ, GLP-Nationalrätin. Sie hat die ursprüngliche Motion eingereicht.
Grundsätzliche Bedenken
Alois Huber, SVP-Nationalrat, befürchtet, dass dann weitere Forderungen kommen könnten: «Man hat immer gesagt, weiter geht es nicht. Ich habe am meisten Angst davor, dass nie ein Schlussstrich gezogen wird. Oder kommt als Nächstes die Leihmutterschaft oder gar das Klonen?»
Bevor es allerdings zu einer Legalisierung kommt, müssen viele Fragen beantwortet werden. Auf der Seite der Empfängerin gilt sicherlich zu klären, wie alt eine Frau sein darf, um zu spenden beziehungsweise um eine Eizellenspende zu erhalten. Darf man mit 60 noch Mutter werden oder soll mit 40 Schluss sein?
Für die Befürworter der Legalisierung ist die Gleichstellung mit der Samenspende ein wichtiges Argument. Heute kann die Medizin Paaren helfen, wenn das Problem beim Mann liegt, wenn es aber bei der Frau liegt, kann dem Paar in der Schweiz nicht mit einer Eizellenspende geholfen werden. Im Jahr 2021 wurden 4374 Kinder in der Schweiz mit einer Samenspende gezeugt – Tendenz steigend. Bei der Samenspende ist es für die Kinder mit 18 Jahren möglich, die Daten ihrer Väter zu verlangen.
Gefahr der Ausbeutung der Spenderinnen
Laura Perler ist Kultur- und Sozialgeografin an der Universität Bern. Sie organisiert im Moment eine Ausstellung zum Thema Eizellenspende im Kornhausforum Bern. Dazu hat sie mit verschiedenen Spenderinnen in Spanien gesprochen: «Die Spenderinnen erzählen Unterschiedliches über ihre Motivation. Sicherlich sagen sie, dass sie Eizellen spenden, um anderen Paaren und Frauen zu helfen. Sie sagen aber auch, dass sie damit ihr Einkommen aufbessern.»
Für Laura Perler funktioniert auch die Gegenüberstellung mit der Samenspende nicht. «Die Eizellenspende ist ein viel aufwändigeres Verfahren. Frauen müssen Hormone spritzen, müssen sich einer Operation unterziehen.»
Da stellt sich die Frage, ob es in der Schweiz genug Spenderinnen geben würde. Dorothea Wunder ist Reproduktionsmedizinerin und Mitglied der nationalen Ethikkommission. Sie sagt, man müsse sich auch überlegen, ob Eizellen aus konventionellen IVF-Verfahren übrig sind, ob man diese verwenden will. Wenn Paare, die auf In-Vitro angewiesen sind, überzählige Eizellen haben, könnten diese gespendet werden. Oder aber Spenden könnten innerhalb der Familie zugelassen werden – von Schwester zu Schwester beispielsweise.
Nina und Horst hätten gerne ein zweites Kind
Bei Nina und Horst hat es gleich im ersten Versuch mit der gespendeten Eizelle geklappt. Ihr Kind ist nun drei Jahre alt, gerne hätten die beiden noch ein zweites Kind. Sie geben viel freie Zeit, viel Energie und vor allem viel Geld für ihren Kinderwunsch aus. «Irgendetwas zwischen einem grossen Auto und einer kleinen Wohnung haben wir bisher für unseren Kinderwunsch ausgegeben», so Horst.
Und doch, der Familientraum ist noch nicht ausgeträumt: Die beiden reisen im Moment wieder nach Spanien – dieses Mal für ein Geschwister.