Worum geht es? Trotz der Aufhebung fast aller Corona-Massnahmen ist das Virus in der Schweiz natürlich weiterhin vorhanden – immer noch wurden in den letzten Tagen jeweils gegen 20'000 Personen positiv getestet, wenn auch mit sinkender Tendenz. Doch in nächster Zeit dürfte die Anzahl Tests stark zurückgehen, es wird sich kaum noch jemand testen lassen, wenn alle Massnahmen aufgehoben sind. Wie kann man da noch wissen, wie es um das Infektionsgeschehen steht? SRF-Wissenschaftsredaktor Christian von Burg weiss mehr über die Vorkehrungen, die jetzt getroffen werden sollten.
Wie ist der Ausblick? Nach einem wahrscheinlich entspannten Frühling und Sommer werden der nächste Herbst und Winter wieder zum Knackpunkt. Denn das Infektionsgeschehen im Zusammenhang mit Sars-CoV-2 tritt saisonal auf, wie inzwischen klar ist. Die möglichen Szenarien für den weiteren Verlauf gehen dabei sehr weit auseinander: Von einem entspannten Herbst dank anhaltend guter Grundimmunität und wenig krank machender Virusvariante bis hin zu neuen Varianten, welche die Immunität umgehen und schwer krank machen können. Damit würde wieder eine Überlastung des Gesundheitswesens drohen.
Welche Vorbereitungen sind nötig? Es muss jetzt ein Überwachungssystem aufgebaut werden, um stets über das aktuelle Infektionsgeschehen auf dem Laufenden zu sein – und allenfalls frühzeitig reagieren zu können. Dazu sind Massnahmen auf verschiedenen Ebenen möglich und nötig: normiertes Datensammeln in den Spitälern, Virusmengen-Überwachung im Abwasser, zufällige Tests in der Bevölkerung. Zudem muss man untersuchen, welche Virusvarianten zirkulieren und wie krankmachend sie sind. Auch sollte die Immunität der Bevölkerung laufend getestet werden – und für die Long-Covid-Fälle braucht es ein schweizweites Register, damit man hier einen Überblick hat.
Wie weit sind die Behörden? Man ist daran, Überlegungen über ein Überwachungsprogramm anzustellen. Doch vieles ist noch offen. Grundsätzlich ist es so, dass die Schweiz während der ganzen Pandemie immer wieder Probleme damit hatte, verlässliche Daten zu erheben und zusammenzuführen. So wusste man in den letzten Wochen beispielsweise nicht, wie gross der Anteil an den gesamten Ansteckungen Erstinfektionen waren oder wie viele Geimpfte oder Genesene sie betrafen. Für eine lückenlose Überwachung braucht es jetzt vor allem eine gute Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen. Bis ein taugliches Programm steht, dürfte es wohl noch etwas dauern.
Braucht die Schweiz unbedingt ein eigenes Monitoring? Man kann die Entwicklung in den einzelnen Ländern meist nicht eins zu eins vergleichen. So verfügt etwa Grossbritannien zwar über einen sehr guten Querschnitt an Gesundheitsdaten, doch wurde dort vor allem mit Astra-Zeneca verimpft, wohingegen bei uns Moderna oder Pfizer/Biontech zum Einsatz kamen. Das macht einen Unterschied bei der Immunisierung. Oder: In Dänemark ist der Subtypus BA.2 der Omikronvariante viel stärker verbreitet als in der Schweiz – auch das könnte einen Unterschied bei der Immunantwort machen. Es ist deshalb wichtig, dass die Schweiz ihre Hausaufgaben macht und selber ein verlässliches Monitoring aufbaut.