Strom und Gas sind entgegen den Befürchtungen im vergangenen Winter nicht knapp geworden. Die seit Sommer angelegten Reserven mussten nicht angezapft werden. Doch nach dem Winter ist vor dem Winter: Energieminister Albert Rösti ruft dazu auf, Strom zu sparen, um eine Mangellage im kommenden Winter zu verhindern. Helfen soll dabei auch der hohe Energiepreis.
SRF News: Im Winter hat die Schweiz im Vorjahresvergleich bloss zwei bis vier Prozent Strom eingespart. Genügt das?
Albert Rösti: Es ist ein wichtiger Schritt – zusammen mit den anderen Massnahmen wie den Reservekraftwerken. Sicher können die Einsparungen noch gesteigert werden. Und sie müssen im nächsten Winter erneut realisiert werden.
Das Ziel lag eigentlich bei zehn Prozent Einsparung beim Strom. Wie kann man dies im kommenden Winter erreichen?
Der Strom ist inzwischen deutlich teurer geworden, die Bevölkerung wird stärker belastet – und man muss den Menschen auch klar darlegen, dass Einsparungen ohne Wohlstandsverlust möglich sind. Hier ist noch mehr Überzeugungsarbeit zu leisten, um Resultate zu erreichen.
Inwiefern sind wir – es ist erst April – besser auf den nächsten Winter vorbereitet als vor einem Jahr?
Die Energiespar-Alliance hat heute aufgezeigt, dass man gerade in Unternehmen viele Einsparungen machen kann, die sich positiv auf die Ausgaben auswirken und gegen eine Strommangellage im nächsten Winter helfen.
Mit den Reservekapazitäten sind wir für den nächsten Winter gut vorbereitet.
Zugleich ist inzwischen eine grosse Leistung an Reservekapazitäten aufgebaut, die im nächsten Halbjahr nochmals erhöht wird. So sind wir für den nächsten Winter gut vorbereitet.
Was könnte eine Mangellage im nächsten Winter doch noch begünstigen?
Da gibt es verschiedene Faktoren: Wird der Sommer trocken, können die Stauseen möglicherweise nicht ganz gefüllt werden oder der Winter könnte deutlich kälter werden als der letzte. Ausserdem hat in China die Nachfrage nach Gas wieder angezogen. All diese Entwicklungen sind unberechenbar – und wenn sich die Faktoren kumulieren, kann es nächsten Winter mit dem Strom knapp werden.
Die Bereitstellung der Wasserkraftreserven und die Reservekraftwerke haben 500 Millionen Franken gekostet, welche die Stromkonsumenten und Stromkonsumentinnen stemmen müssen. Hat sich das gelohnt?
In der Tat macht das etwa 54 Franken auf der Jahresstromrechnung einer Familie aus. Das ist sicher nicht zu unterschätzen. Doch im Vergleich dazu käme eine Strommangellage viel teurer, denn sie würde die Wirtschaft und das Funktionieren der Gesellschaft ausser Kraft setzen.
Stromsparanstrengungen schonen auch das Portemonnaie.
Die Kosten für die Bereitstellung von Reservekapazitäten sind eine Art Versicherung, um eine Strommangellage abzuwenden. Um diese Versicherung möglichst nicht in Anspruch nehmen zu müssen, appellieren wir dazu, die Sparanstrengungen weiterzuführen, die auch das Portemonnaie schonen.
Welche Rolle spielen die Photovoltaikanlagen bei Ihren Planungen mittelfristig?
Wichtig ist, dass wir nicht jahrelang in dieser unsicheren Situation von möglichen Strommangellagen bleiben. Es müssen deshalb rasch inländische Stromproduktionsanlagen hinzugebaut werden, insbesondere für den Winter. Da ist der vom Parlament verabschiedete «Solarexpress» wichtig, damit die Solaranlagen in den Alpen rasch gebaut werden können.
Das Gespräch führten Curdin Vincenz und Matthias Heim.