In Zürich wird ein neuer Asylprozess getestet: ein 24-Stunden-Verfahren. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) bestätigte zuerst gegenüber dem «Tagesanzeiger», dass vergangene Woche ein entsprechender Pilotversuch begonnen hat.
Die Schnellverfahren werden für Personen aus Marokko, Algerien, Tunesien und Libyen angewandt. Über 20 Prozent der Asylgesuche stammen aus diesen Ländern. Und das, obwohl nur rund zwei Prozent dieser Menschen in der Schweiz als Flüchtlinge anerkannt werden. Ein möglicher Grund: Viele Personen aus anderen afrikanischen Staaten geben Libyen als Herkunftsland an.
Trotz des Schnellverfahrens werden viele Betroffene wohl nicht nach einem Tag wieder abreisen. Die Identifikation mit einer allfälligen Beschaffung von Papieren nimmt Zeit in Anspruch, und auch Rekurse bleiben möglich.
Das schnelle Verfahren soll aber dennoch die Zahl der Asylgesuche reduzieren: Denn das Ziel ist eine Signalwirkung auf Personen, die meist keine Aussicht auf Schutz in der Schweiz haben, so das SEM gegenüber SRF.
Die Logik: Blieben diese in der Regel unbegründeten Gesuche aus, würden die Bundesasylzentren entlastet und Plätze für Personen frei, die den Schutz wirklich benötigten. Wie sich diese 24-Stunden-Verfahren tatsächlich auswirken, wird im Rahmen des Pilotprojekts bis Ende Februar 2024 erprobt.
Die Fast-Track-Verfahren haben gezeigt, dass eher darauf verzichtet wird, ein Asylgesuch zu stellen.
«Grundsätzlich kann natürlich jede Person bei uns ein Asylgesuch stellen», erklärt SEM-Mediensprecher Daniel Bach. «Unser Ziel ist es aber schon, dass diejenigen, die eben wirklich keine Aussicht auf Asyl oder eine vorläufige Aufnahme haben, hier gar kein Asylgesuch stellen.»
«Die (bisherigen) Fast-Track-Verfahren haben dahingehend schon gezeigt, dass Personen, die eben nicht lange in einem Bundesasylzentrum bleiben können, eher darauf verzichten, ein Asylgesuch zu stellen», so Bach.
Tauchen die Menschen dann nicht einfach unter? «Die Schweiz kann ja nur schauen, dass wir einfach diejenigen Leute im Asylsystem haben, die wirklich verfolgt werden und Schutz brauchen», erklärt Bach.
Steigendes Risiko von Fehlentscheiden?
Das Zielland würde sowieso nicht aufgrund des Asylverfahrens ausgewählt werden, meint Eliane Engeler. Sie ist Mediensprecherin der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH), ein Dachverband der in den Bereichen Flucht und Asyl tätigen Hilfswerke und Organisationen. «Tatsache ist, dass Familienbeziehungen, Communities, Sprache und kulturelle Nähe die Hauptfaktoren sind für den Entscheid, wo man ein Asylgesuch stellt.»
Die Verfahren werden jetzt nochmals beschleunigt, um Platz zu sparen.
«Eigentlich ist es ein Platzproblem in den Bundesasylzentren», sagt Engeler. «Die Verfahren werden jetzt nochmals beschleunigt, um Platz zu sparen.» Dadurch würden die Rechte von Geflüchteten gefährdet. Denn es scheine «unrealistisch, den Sachverhalt eines Asylgesuches in einem solchen Tempo gerecht abklären zu können» – etwa bei der Identifikation von besonders verletzlichen Personen, die schwer traumatisiert sind.
Die Flüchtlingshilfe fordert: «Bei jedem Pilotversuch braucht es eine externe Evaluation, um die Wirkung der Massnahme sowie die Auswirkungen auf die Geflüchteten und den Rechtsschutz beurteilen zu können», so Engeler.
Bach wiederum stellt klar: «Dieses Verfahren unterscheidet sich eigentlich nicht von einem normalen Asylverfahren. Es ist einfach extrem komprimiert.» Laut SEM bleibe das Vorgehen rechtsstaatlich, korrekt und fair.