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Erbschaftssteuer-Initiative Debatte über Erbschaftssteuer: Es prallen Welten aufeinander

Die Juso-Initiative sorgt im Nationalrat für eine stundenlange Monsterdebatte – mit klarer Oberhand der Bürgerlichen.

Er ist im Visier der Juso-Initiative – im Visier der Erbschaftssteuer von 50 Prozent: Simon Michel, Solothurner FDP-Nationalrat und Chef des Medizinaltechnik-Unternehmens Ypsomed – geschätztes Familienvermögen 5 bis 6 Milliarden Franken: «Mein Vater hat das Unternehmen vor 40 Jahren gegründet. 98 Prozent unseres Familienvermögens ist in den Aktien des Unternehmens. Wenn wir jetzt diese Steuern zahlen müssten, müssten wir das Unternehmen zerschlagen und verkaufen.» Michel nennt die Initiative einen «Angriff» auf Unternehmertum und Risikobereitschaft.

Wir zielen auf das private Vermögen von Superreichen ab.
Autor: Mirjam Hostetmann Juso-Präsidentin

Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann kontert: «Wir zielen auf das private Vermögen von Superreichen. Superreiche profitieren massgeblich von der Klimakrise, sei es mit ihren Privatjets und Yachten, aber auch mit klimaschädlichen Investitionen.»

Die bürgerliche Wand

Das Problem bei Familienunternehmen sei lösbar: «Ich kann mir gut vorstellen, dass man auch eine Frist festlegen kann, in welcher Zeit man dann diese Steuer abbezahlen kann. Oder man kann beispielsweise Kredite aufnehmen.»

Geld umverteilen, die Reichen bestrafen und Arbeitsplätze gefährden heisst nicht Klima schützen, sondern das heisst Klassenkampf.
Autor: Philipp Bregy (Mitte/VS) Nationalrat

Doch im Nationalrat stösst die Erbschaftssteuer zu Gunsten des Klimaschutzes gegen eine bürgerliche Wand: FDP, SVP, Grünliberale und Mitte sind dagegen. So sagt Philipp Bregy (Mitte/VS): «Geld umverteilen, die Reichen bestrafen und Arbeitsplätze gefährden heisst nicht Klima schützen, sondern das heisst Klassenkampf. Nichts anderes.»

Die Zukunftsinitiative der Juso (Erbschaftssteuer)

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Darum geht es? Die Initiative der Juso will eine Erbschaftssteuer einführen. Diese Steuer soll zur Anwendung kommen, wenn jemand seinen Nachkommen mehr als 50 Millionen Franken vererbt und verschenkt. Die Steuer von 50 Prozent wird fällig auf den Betrag, der diese 50 Millionen übersteigt. Die Gelder, die mit dieser Steuer eingetrieben würden, hätten einen klaren Verwendungszweck: Sie müssten laut Initiativtext von Bund und Kantonen zur Bekämpfung des Klimawandels verwendet werden.

Das ist umstritten: Es wird befürchtet, dass Superreiche und Unternehmer ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen könnten. Dieses Argument wird sowohl von der Gegnerschaft ins Feld geführt als auch vom Bundesrat, der die Initiative ablehnt. Deshalb könnte die Einführung einer solchen Steuer zu Mindereinnahmen für Bund und Kantone führen. Laut Bund gibt es entsprechende Schätzungen. Die Abwanderung wird nicht erst nach einer Annahme der Initiative befürchtet, sondern bereits im Vorfeld. Denn im Initiativtext ist eine Rückwirkung festgehalten: Superreiche, die nach der Annahme der Initiative bis zur Umsetzung der Steuer aus der Schweiz wegziehen, könnten auch noch belangt werden. Ein weiterer umstrittener Punkt ist, dass bei Unternehmern oft ein grosser Teil des Vermögens im Unternehmen steckt. Diese Unternehmen müssten dann verkauft werden, um die Steuer bezahlen zu können, warnen Unternehmer wie etwas Peter Spuhler von Stadler Rail.

Das ist der aktuelle Stand: Obwohl die Initiative schon für viel Schlagzeilen gesorgt hat, beginnt der parlamentarische Prozess erst jetzt. Der Nationalrat debattiert die Initiative als erster Rat. Die vorberatende Kommission lehnt die Vorlage ab und verzichtet auch darauf, ihr einen Gegenvorschlag gegenüberzustellen.

Daniela Schneeberger (FDP/BL) sieht zudem noch ein anderes Problem: «Wer glaubt, dass diese Menschen einfach in der Schweiz bleiben und stillschweigend die Hälfte ihres Vermögens an den Staat abgeben, der irrt sich gewaltig.»

Superreiche würden wegziehen

Tatsächlich zeigt eine Studie der Universität Lausanne: Der Grossteil der 2500 betroffenen Reichen würden die Schweiz verlassen – unter dem Strich könnten dadurch die Steuereinnahmen sogar zurückgehen.

Die Wegzugspläne seien sehr konkret, sagt Unternehmer und FDP-Nationalrat Simon Michel: «Alle von uns, die möglicherweise betroffen sind, haben Massnahmen ergriffen. Etwa in Form eines möglichen Wegzugs nach Italien oder Spanien.»

Klar würden Reiche wegziehen wollen, sagt Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmannn – die Initiative verlange aber vom Bundesrat Massnahmen, damit sie das nicht einfach so tun könnten. Zum Beispiel mit einer Wegzug-Steuer.

Auch keine Chance für Gegenvorschläge

Im Nationalrat versuchen es SP und Grüne mit einem Gegenvorschlag – vier Ideen mit tieferen Erbschaftssteuersätzen legen sie vor. Doch die Debatte zeigt: Auch diese sind chancenlos.

Offenbar will man sich überhaupt nicht mit diesem Thema befassen. Das finde ich äusserst bedenklich.
Autor: Céline Widmer Nationalrätin (SP/ZH)

SP-Nationalrätin Céline Widmer (ZH) ist frustriert: «Offenbar will man sich überhaupt nicht mit diesem Thema befassen. Das finde ich äusserst bedenklich. Auch wenn man sieht, dass das Vermögen sich sehr stark konzentriert und das Problem in der Bevölkerung anerkannt wird.»

Ein bürgerlicher Politiker sieht allerdings auch bei den Linken eine Mitschuld. EVP-Nationalrat Marc Jost (BE) möchte eine nationale Erbschaftssteuer – die Juso-Initiative aber schade dieser Idee: «Solche extremen Forderungen erlauben gar keine konstruktive Debatte mehr. (...) Moderate Lösungen können wir so gar nicht mehr diskutieren.»

Nun, diskutieren wollen die Nationalrätinnen und Nationalräte – und das stundenlang – auch noch übernächste Woche. Näher werden sie sich dabei kaum kommen. Das Nein des Nationalrats zu neuen Erbschaftssteuern steht bereits fest.

Echo der Zeit, 5.3.2025, 18 Uhr;stal

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