- Seit dem Angriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel haben antisemitische Vorfälle in der Schweiz zugenommen.
- Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) zählte in den vergangenen zwei Wochen 26 Fälle.
- Das seien etwa so viele Vorfälle wie sonst in einem Halbjahr.
- Auch im Internet wurden zahlreiche Vorfälle registriert.
Die jüdische Gemeinschaft in der Schweiz ist wegen der Eskalation im Nahen Osten vermehrt Anfeindungen ausgesetzt. Seit dem 7. Oktober wurden im Durchschnitt täglich zwei Vorfälle gemeldet, wie SIG-Generalsekretär Jonathan Kreutner auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilte.
Unter den bis Freitag gemeldeten 26 antisemitischen Vorfällen sind laut SIG drei Tätlichkeiten, fünf Beschimpfungen, sechs Schmierereien, acht E-Mails und Briefe sowie vier Plakate oder judenfeindliche Äusserungen im Rahmen von Demonstrationen.
Für den Zeitraum von nicht einmal zwei Wochen seien die mehr als zwanzig Vorfälle eine starke Häufung. Im gesamten Jahr 2022 seien es 57 Fälle gewesen. «Dem SIG macht diese Tendenz Sorgen», hiess es. Es sei unbedingt darauf zu achten, dass die Emotionen dieses Konfliktes nicht auf die Schweiz übertragen würden.
Über die wachsende Zahl judenfeindlicher Taten in der Schweiz hatten in den vergangenen Tagen bereits mehrere Medien berichtet. Bei der Zahl der SIG werden antisemitische Äusserungen im Internet nicht mitgezählt – auch die Romandie ist nicht Teil des Untersuchungsraumes.
Viele judenfeindliche Online-Kommentare
Laut der Interkommunalen Koordinationsstelle gegen Antisemitismus und Diffamierung (CICAD) wurden in den vergangenen zwei Wochen 88 judenfeindliche Vorfälle registriert. Die CICAD ist in der Westschweiz tätig und berücksichtigt im Gegensatz zum SIG auch das Internet.
66 der 88 Vorkommnisse seit dem 7. Oktober betreffen Fälle im Internet. Dabei handle es sich vor allem um Äusserungen in Kommentarspalten von Onlinemedien, in denen beispielsweise der Einsatz von Terrorismus gerechtfertigt werde.
In der realen Welt sei es in der Romandie unter anderem in Schulen zu Vorfällen gekommen, bei denen jüdische Schüler angegriffen und als «Mörder» oder «Henker» bezeichnet worden seien, so die CICAD.
Auch islamophober Vorfall
Auch die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) beobachtet eine Zunahme der Vorfälle, wie es auf Anfrage von Keystone-SDA hiess. Auf der einen Seite sei die Zahl der direkten Meldungen an die Stiftung gestiegen, andererseits sei ein starker Anstieg durch das Medienmonitoring zu erkennen.
Gemäss diesem Medienmonitoring wurden seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober sieben Fälle registriert – vier Drohungen, Belästigungen oder Beleidigungen sowie drei Sachbeschädigungen oder Sprayereien. Darunter ist auch ein islamophober Vorfall. So sei ein 16-Jähriger auf offener Strasse als Terrorist beschimpft worden, nur weil er Arabisch sprach.
Gemeinsamer Appell von sieben Parteien
Die sieben grössten Schweizer Parteien SVP, SP, FDP, Mitte, Grüne, GLP und EVP appellierten am Freitag in einer gemeinsamen Stellungnahme an die Bevölkerung, dass es keinen Platz für Antisemitismus geben dürfe. «Wir stehen solidarisch an der Seite unserer jüdischen Mitmenschen.»
Antisemitismus habe in der demokratischen Gesellschaft in der Schweiz keinen Platz, so die Parteien unisono. Es sei die gemeinsame Aufgabe von Behörden, Parteien, Verbänden und allen Bürgerinnen und Bürgern, mit Zivilcourage gegen antisemitische Vorfälle vorzugehen.