Nach dem Treffen von Bundespräsident Guy Parmelin mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Rahmenabkommen könnten die Reaktionen kaum unterschiedlicher sein:
GLP: «Der Bundesrat ist überfordert», ist das Verdikt der Grünliberalen. «Der Bundesrat eiert seit Jahren konzept- und führungslos herum. Als Tiefpunkt präsentierte er der EU nun offenbar Maximalforderungen.» Nationalrätin Tiana Angelina Moser sagt gegenüber SRF: «Die EU ist unser engster Partner. Wir müssen die Beziehungen stabilisieren und das schaffen wir nur mit einem Rahmenabkommen.»
Grüne: «Der Bundesrat hat weder den Willen noch einen Plan, wie er die Blockade mit der EU durchbrechen kann», erklärte Balthasar Glättli, Parteichef der Grünen. «Wir sagen Ja zu einem Rahmenabkommen mit gesichertem Lohnschutz. Um das zu erreichen, muss der Bundesrat sein Verhandlungsmandat erweitern und der EU in Steuerfragen entgegenkommen.»
FDP: Aussenpolitiker Hans-Peter Portmann wählte deutlichere Worte. Er sei verärgert, dass die Schweiz und Brüssel zum wiederholten Male unterschiedlich kommunizierten. So könne man nicht arbeiten. Was der Bundesrat in Brüssel genau gefordert habe, bleibe im Dunkeln. Portmann will nun in der Aussenpolitischen Kommission für Aufklärung sorgen. Daran, dass das Abkommen gelingen kann, glaubt Portmann jedoch weiterhin: «Die Türen sind offen. Ich glaube beide Seiten werden sich besinnen.»
Die Mitte: Parteipräsident Gerhard Pfister begrüsst, dass die Gespräche weitergeführt werden. Die Partei wolle einen guten Weg finden «mit unserer wichtigsten Partnerin, der EU». Die Akteure seien nun aber auch in der Pflicht, «transparent zu verhandeln und beidseitig klar offenzulegen», wo man verhandlungsbereit sei und wo nicht. «Wir müssen nun endlich einen Schritt vorwärtskommen.» Und man müsse generell mehr mit der EU sprechen.
SVP: «Damit ist das Rahmenabkommen definitiv gescheitert», teilt die SVP mit und fordert den Bundesrat auf, das Abkommen nun offiziell zu beerdigen. Zudem ist die Partei erfreut, dass Bundespräsident Parmelin hart geblieben sei und keine Kompromissbereitschaft signalisiert habe.
SP: Es müsse nun alles dafür getan werden, das Rahmenabkommen zu retten, sagte SP-Vizepräsident Roger Nordmann. «Wir können nicht in einem rechtlichen Vakuum mit der EU bleiben.» Seiner Meinung nach ist das Herzstück des Abkommens, der Streitbeilegungs-Mechanismus, gut verhandelt und lässt der Schweiz «viel Handlungsspielraum». Parteipräsident Wermuth ergänzt, man erwarte nun eine rasche Klärung des Bundesrats wie die strittigen Punkte gelöst werden können.
Economiesuisse: Der Wirtschaftsdachverband verlangt eine zügige Lagebeurteilung durch den Bundesrat. Zur Lösung der Differenzen gelte es nun, sämtliche Möglichkeiten auszuloten, schreibt Economiesuisse. «Beide Seiten haben ein starkes politisches und wirtschaftliches Interesse an einer erfolgreichen Klärung der drei offenen Punkte.»
SGV: Der Schweizerische Gewerbeverband sieht die Bereitschaft der EU, weiter zu verhandeln, als Chance, ein politisch ausgewogenes Modell zu erarbeiten. Beim Rahmenabkommen in der bisher vorliegenden Form seien zu viele Konzessionen eingegangen worden und man habe damit zu viel vom Schweizer Erfolgsmodell preisgegeben.
Travail-Suisse: Der Arbeitnehmer-Dachverband zeigt sich erfreut darüber, dass Parmelin den Lohnschutz verteidigt habe. «Der EU muss in den weiteren Gesprächen klar gemacht werden, dass die Schweizer flankierenden Massnahmen Unternehmen aus der EU nicht diskriminiert und sie wegen unserem hohen Lohnniveau verhältnismässig sind», schreibt Travail-Suisse.
Auns: Die SVP-nahe Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz ist nicht überrascht, dass das Gespräch keine konkreten Ergebnisse gebracht hat. «Die angeschlagene EU setzt auf Machtpolitik», schreibt die Auns. Mit dem Rahmenabkommen drohe der Schweiz die endgültige Aufgabe ihrer Souveränität.
Nebs: Für die Neue Europäische Bewegung Schweiz ist es jetzt höchste Zeit für den Bundesrat, sich mit Kompromissvorschlägen auseinanderzusetzen und das Rahmenabkommen zu unterzeichnen. Die Nebs erinnert daran, dass das Rahmenabkommen ein Schlüsselvertrag für die Zukunft der Schweiz sei.