Sie flüchten nach Europa in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Viele mit wenig Chancen auf Asyl, weil sie nicht verfolgt werden. Genau diese Menschen will man von einer Flucht abhalten, so das grosse Ziel des neuen europäischen Migrations- und Asylpakts. Im belgischen Gent berieten die zuständigen europäischen Ministerinnen und Minister während zwei Tagen, wie dieser Pakt umgesetzt werden soll.
Gelingt es, den EU-Asylpakt umzusetzen, profitiert die Schweiz.
Bundesrat Beat Jans sprach von einem Meilenstein. «Das Ziel ist, dass irreguläre Migration innerhalb von Europa eingedämmt werden kann und davon würde die Schweiz natürlich sehr profitieren», sagte er. Letztlich sei aber entscheidend, wie diese neue Politik ganz konkret umgesetzt werde. «Gelingt es, wird die Schweiz profitieren. Wenn der Pakt nicht gut umgesetzt wird, dann werden wir am gleichen Ort stehen wie heute.»
Der neue Migrationspakt hat zwei zentrale Elemente:
- Wer aus einem Land kommt, aus dem weniger als zwanzig Prozent als Flüchtlinge anerkannt werden, landet in einem Lager an der EU-Aussengrenze. Dort soll es dann ein schnelleres Asylverfahren geben, das innerhalb von zwölf Wochen abgeschlossen sein soll.
- Zudem soll sich Europa in Krisensituation solidarisch zeigen und Ländern wie Italien Flüchtlinge abnehmen oder diesen Geld zahlen. Die Schweiz kann hier mitmachen, sie muss nicht. Das entscheidet der Bundesrat.
Nüchterne Reaktionen von Parlamentsmitgliedern
Parlamentarier von links und rechts zeigen sich in ersten Stellungnahmen skeptisch, ob sich dieser von Bundesrat Jans als historisch gefeierte Schulterschluss Europas am Ende auch auf Schweiz auswirken wird und etwa die Asylzahlen sinken werden.
Nur wenn dieser Pakt auch korrekt umgesetzt wird, wird er eine abschreckende Wirkung haben.
Die Schwyzer FDP-Ständerätin Petra Gössi betont, es sei entscheidend, wie diese neue Politik jetzt umgesetzt werde: Das bisherige System Schengen-Dublin habe ja nicht mehr gut funktioniert, weil sich Länder wie Italien oder Ungarn nicht mehr daran gehalten hätten. «Nur wenn dieser Pakt auch korrekt umgesetzt wird, wird er eine abschreckende Wirkung haben.» Nur dann würden auch weniger übers Mittelmeer flüchten, die keine Chance auf Asyl hätten. Damit könnte man dann auch das Schleppertum eindämmen.
Der EU-Asylpakt wird vor allem das Geschäftsmodell der Schlepper weiter befeuern, wenn man die Mauern rund um Europa höher zieht
Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne/ZH), befürchtet den gegenteiligen Effekt. Die Schlepperindustrie werde damit gar noch gefördert. «Der EU-Asylpakt wird vor allem das Geschäftsmodell der Schlepper weiter befeuern, wenn man die Mauern rund um Europa höher zieht und die Chancen von Schutzbedürftigen auf vernünftigem Wege Schutz zu finden, einschränkt.»
Die europäischen Staaten – auch die Schweiz – haben jetzt zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln auf nationaler Ebene umzusetzen. Die Parlamente werden sich damit beschäftigen müssen. In der Schweiz besteht die Möglichkeit eines Referendums.