Darum geht es: Der Bundesrat regiert derzeit per Twitter – so kündigte Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwochabend an, dass der Bundesrat vorläufig keine weiteren Massnahmen gegen die Omikron-Welle ergreifen werde. Man könne wenn nötig schnell reagieren, wolle jetzt aber zuerst beobachten. Am Donnerstagnachmittag schrieb Bundesratssprecher André Simonazzi auf Twitter, dass sich der Bundesrat morgen Freitag um 13 Uhr zu einer Telefonkonferenz zur aktuellen Lage treffen werde. Im Anschluss daran sei eine schriftliche Kommunikation vorgesehen. Diese knappe Verlautbarung sorgt auch in Wissenschaftskreisen für Irritation.
Deshalb könnte das Zögern fatal sein: «Omikron ist so neu und so schnell, dass man erst alle Informationen beieinander hat, wenn sich Omikron in der Schweiz bereits auswirkt», sagt SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel. Der R-Wert, also die Anzahl Personen, welche ein infizierter Mensch ansteckt, sei bei Omikron schätzungsweise etwa doppelt so hoch wie bei der bis vor Kurzem dominierenden Delta-Variante.
Darauf sind die Blicke jetzt gerichtet: Entscheidend sind Ausbreitungsgeschwindigkeit der Omikron-Variante, der Schweregrad der Erkrankung sowie die Frage, wie gut immune Menschen – also Geimpfte oder Genesene – vor schweren Krankheitsverläufen geschützt sind. Dabei müsse nicht nur auf die Zahl der Spitaleinweisungen geschaut werden, so Zöfel. «Es kommt auch auf die Menge der milden Fälle an: Wenn viele Menschen aufs Mal eine oder zwei Wochen zu Hause bleiben müssen, kann das eine spürbare Belastung werden.»
Darum sollte die Welle verlangsamt werden: Auch die Omikron-Welle könne mit geeigneten Massnahmen noch gebremst werden, ist Zöfel überzeugt – auch wenn dies aufwändiger sei als bei der Delta-Welle. «Eine Durchseuchung muss jetzt also keineswegs zwangsläufig kommen.»
Entscheiden ist: Wie gut ist die betroffene Person zum Zeitpunkt der Infektion vor einem schweren Verlauf geschützt?
Grundsätzlich aber werde jede Person irgendwann einmal mit dem Coronavirus infiziert. Dabei seien zwei Punkte entscheidend: «Mit welchem Immunstatus geschieht das – wie gut also ist die betroffene Person zum Zeitpunkt der Infektion vor einem schweren Verlauf geschützt – und: Wie viele Personen trifft es innert welcher Zeitspanne.» Irgendwann werde man das Virus laufen lassen müssen. «Es aber jetzt zu tun, hätte noch zu viele negative Begleiterscheinungen», so die Wissenschaftsredaktorin.