Kürzliche wurde bekannt: In Tschechien haben Biber über Nacht ein geplantes Fluss-Renaturierungsgesetz obsolet gemacht. Sie haben nämlich genau dort einen Damm gebaut, wo die Menschen auch einen bauen wollten. Damit sparten die Menschen mehr als eine Million Franken.
Auch in der Schweiz ist der Biber vielerorts sehr aktiv, wie Christof Angst vom Nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Fauna sagt.
SRF News: Gibt es in der Schweiz auch Beispiele von Bibern, die Renaturierungsprojekte ersetzen?
Christoph Angst: Wir haben ein Renaturierungsprogramm, um in der Schweiz Gewässer zu revitalisieren. In verschiedene Gewässer sind die Biber eingezogen.
Wir haben festgestellt: Wenn Biber da sind, geht die Anzahl Arten richtiggehend durch die Decke.
Sie haben Dämme gebaut und Wälder komplett umgestaltet. Was die Tiere schaffen, ist einfach nur faszinierend. Wir haben den Einfluss der Biber auf die Artenvielfalt untersucht und festgestellt: Wenn Biber da sind, geht die Anzahl Arten richtiggehend durch die Decke. Der Biber übernimmt so einen wichtigen Beitrag, den wir mit Maschinen und viel Geld eigentlich gar nicht leisten können.
Wissenswertes zur Fauna in der Schweiz
Wie fördern die Biber die Biodiversität und die Renaturierung?
Die grossen Gewässer, Flüsse und Seen haben Biber in den letzten Jahren schon besiedelt. Jetzt gehen sie mehr und mehr in die kleineren Gewässer. Die Biber brauchen etwa einen halben Meter Wassertiefe, damit sie sich sicher fühlen und schwimmen können. Wenn das nicht gegeben ist, bauen sie Dämme.
Viele Arten, deren Lebensräume durch die Gewässerkorrekturen der letzten 100 Jahre gefehlt haben, finden wieder Lebensraum – dank des Bibers.
Damit wandeln sie ein reines Fliessgewässer in einen neuen Lebensraum um. Neben dem Fliessgewässer entsteht stehendes Gewässer, und so kommen neue Lebensräume in die Landschaft zurück. Unser europäischer Biber ist seit 15 Millionen Jahren auf diesem Planeten und daran hat sich die ganze Fauna und Flora angepasst. Mit dem Verschwinden des Bibers sind viele Arten verschwunden. Viele Arten, deren Lebensräume durch die Gewässerkorrekturen der letzten 100 Jahre gefehlt haben, finden wieder Lebensraum – dank des Bibers.
In einem Bibergewässer sind viel mehr Arten anzutreffen. Damit macht das Tier die Gewässer viel resilienter gegen Einflüsse, wie zum Beispiel den Klimawandel. Er hält auch Wasser zurück, welches dann in Trockenperioden zur Verfügung steht und wo sich all diese Arten zurückziehen können, wenn Teile eines Gewässers eben zum Beispiel austrocknen würden.
Es ist nicht mehr möglich, den Biber überall uneingeschränkt arbeiten zu lassen, auch wenn dies für die Gewässer und für uns Menschen gut wäre.
Trotzdem ist der Biber mancherorts unbeliebt. Wenn er Schäden verursacht, dürfen die Kantone ihn sogar abschiessen. Ist das kein Widerspruch?
In einer idealen Welt für den Biber – ohne Menschen – könnte er einfach machen, was er möchte. Er würde das ganze Mittelland wieder in einen Sumpf verwandeln. Aber mittlerweile sind wir halt da. Die Menschen haben sehr viele Infrastrukturanlagen gebaut und es ist nicht mehr möglich, den Biber überall uneingeschränkt arbeiten zu lassen, auch wenn dies für die Gewässer und für uns Menschen gut wäre. Aber es geht einfach nicht überall und deshalb braucht es klare Regeln. Vorgesehen ist, dass man eingreifen kann, wenn grosse Schäden entstehen, die nicht mit Schutzmassnahmen verhindert werden können, als Ultima Ratio.
Wir haben das in der Schweiz noch nie anwenden müssen, weil eigentlich immer Massnahmen zur Verhinderung von grossen Schäden möglich sind. Dafür sind die Kantone zuständig, und in den letzten Jahren haben sie das auf ihrem Hoheitsgebiet wirklich gut umgesetzt.
Das Gespräch führte Silvia Staub.