In den vergangenen Tagen ist es schweizweit gleich zu mehreren tödlichen Badeunfällen gekommen. Am Samstagabend wird aus dem Linthkanal im Kanton St. Gallen der leblose Körper eines 20-Jährigen gezogen. Nur wenige Stunden später kommt es in der Stadt St. Gallen zu einem Badeunfall, bei dem ein 36-Jähriger verstirbt. Im Kanton Wallis kommt vergangene Woche ein 15-Jähriger um, der zuvor in einen kleinen Ausflugssee in Sitten gestiegen war.
Experten warnen davor, zu schnell Schlüsse zu ziehen, bevor nicht abschliessend geklärt sei, was zu den Unfällen führte. Zahlen der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG) und der Beratungsstelle für Unfallverhütung des Bundes (BFU) geben aber Aufschluss darüber, ob sich tödliche Unfälle derzeit tatsächlich häufen.
Dutzende Todesfälle pro Jahr
Noch liegen für 2022 keine definitiven Zahlen vor. Doch in einer ersten Schätzung gingen die SLRG-Verantwortlichen für das vergangene Jahr von 60 Toten aus: ein deutliches Plus gegenüber dem Vorjahr.
Wichtige Zahlen und Fakten
Nichts beeinflusst die Wahrscheinlichkeit von Badeunfällen so sehr wie das Wetter. Denn: Je schöner es draussen ist, desto mehr Menschen befinden sich in und um Gewässer. Der Blick in die Jahre 2020 und 2021 zeigt dies relativ deutlich. Vor drei Jahren ertranken 46 Menschen – ziemlich genau der langjährige Schnitt.
Im Folgejahr, 2021, war der Sommer dann wieder eher kühler und vor allem nass. 36 Menschen kamen ums Leben. Geändert haben dürfte sich an der Zusammensetzung der Bevölkerung und deren Schwimmkenntnissen in dieser Zeit nur wenig.
Zu den meisten Unfällen kommt es in offenen Gewässern. Eine deutliche Mehrheit ereignet sich in Flüssen und Seen. Nur knapp zehn Prozent aller Todesfälle ereignen sich in öffentlichen Badeanstalten oder an anderen Orten.
Gefahrengruppe: jung, männlich
Lange lag der Fokus in der Prävention vor allem auf Kleinkindern. Doch gemäss den Verantwortlichen zeigt sich seit 2011 eine Trendumkehr: Während die Zahl der Ertrinkungsfälle bei Kindern zurückgeht, verunglücken immer mehr Jugendliche und Erwachsene.
Gemäss den Experten von BFU und SLRG gelten junge Männer im Alter von 15 bis 24 dabei als Risikogruppe Nummer eins. Nicht immer müssen es fehlende oder unterentwickelte Schwimmkenntnisse sein, die den Ausschlag geben. SLRG-Mediensprecher Christoph Merki spricht von «Wasserkenntnissen», die man haben müsse. Viele überschätzten ihre Fähigkeiten oder stiegen ins Wasser, ohne die nötige Erfahrung zu haben. Häufig spiele auch Alkohol eine Rolle.
Gerade in Flüssen sei es wichtig, dass man Ein- und Ausstiege kenne; wisse, wo sich allfällige Wasserwalzen befänden, um ihnen ausweichen zu können. Gerät jemand erst einmal in eine brenzlige Situation, kann sich die Rettung schwierig gestalten. Expertinnen und Experten empfehlen daher, sich mit Schutzutensilien erkennbar zu machen.
Die gute Nachricht: Auf die schweizerische Bevölkerung gerechnet sind tödliche Badeunfälle äusserst selten – im Jahr 2021 waren es 0.4 Personen pro 100'000 Einwohnerinnen und Einwohner. Diese Zahl konnte über die vergangenen Jahrzehnte kontinuierlich gesenkt werden. Doch die Herausforderung bleibt für Feuerwehren, Polizeikorps und Lebensrettungsorganisationen bestehen. Jahr für Jahr zieht es mehr Menschen an die Schweizer Flüsse und Seen. Und: Auch dieser Sommer ist wieder heiss angelaufen.