16-Jährige dürfen nicht abstimmen oder wählen – der Nationalrat hat in seiner neuen Zusammensetzung diese Vorlage nun beerdigt, nachdem er sich bereits dreimal dafür ausgesprochen hatte. Gleichzeitig hat die grosse Kammer einer umstrittenen Verschärfung des Jugendstrafgesetzes zugestimmt. So sollen nun auch jugendliche Mörder verwahrt werden.
Die Bürgerlichen zeigen ihre neue Stärke
Diese beiden Entscheide sind keine Einzelfälle, sie stehen für eine neue Tendenz des Parlaments. Auch bei anderen Vorlagen haben die bürgerlichen Kräfte ihre neue Stärke gezeigt: So wurde das neue CO₂-Gesetz – von Anfang an kein grosser Wurf – unter dem Druck der Bürgerlichen weiter entschlackt. Das Gesetz soll dazu beitragen, dass die CO₂-Emissionen gegenüber 1990 halbiert werden. Jetzt sind sich die politischen Lager uneinig, ob die verbleibenden Vorgaben noch ausreichen, um dieses Ziel zu erreichen.
Auch die Debatte über Tempo 30 innerorts zeigt diese Tendenz. Das Parlament verlangt eine Anpassung, die es erschweren soll, auf wichtigen Strassen innerorts Tempo 30 einzuführen. Dies gegen den Willen des Bundesrats. Albert Rösti betonte, der Entscheid bringe keine Änderung. Die Debatte dürfte vor allem Symbolpolitik gewesen sein, um zu zeigen, dass man grundsätzlich skeptisch ist gegenüber der Einführung von Tempo 30.
Kleine Veränderungen zeigen Wirkung
Bei den letzten Wahlen im Herbst 2023 ist es zu keinem Erdbeben gekommen. Die kleinen Veränderungen werden jetzt aber trotzdem in den konkreten Entscheiden deutlich. Teilt man den Nationalrat in drei Pole auf, so haben die links-grüne Seite und der Mitte-Block bei den Wahlen 5 bzw. 6 Sitze verloren. Die rechte Seite, v.a. bestehend aus FDP und SVP, hat dagegen 11 Sitze dazugewonnen. Im Ständerat ist es nur zu minimalen Verschiebungen gekommen, hier hat vor allem die Mitte gewonnen.
Der Rechtsrutsch im Nationalrat macht sich nicht nur bei der parteipolitischen Zusammensetzung bemerkbar. Es hat auch innerhalb der Fraktionen Veränderungen gegeben, wie eine Auswertung der Wahlhilfeplattform Smartvote für SRF News zeigt.
So ist die Fraktion der SVP bei Umweltthemen und der Aussenpolitik leicht nach rechts gerutscht. Ähnliches lässt sich bei der Fraktion der FDP feststellen, der Umweltschutz und ein ausgebauter Sozialstaat wird deutlich weniger hoch gewichtet, dafür hat eine liberale Wirtschaftspolitik an Bedeutung gewonnen.
Rückenwind für die Linke
Besonders betroffen von diesem Rechtsrutsch sind Energie- und Klimapolitik. Wie beim neuen CO₂-Gesetz dürften hier die erstarkten bürgerlichen Kräfte besonders ihre Interessen durchsetzen. Doch auch die linke Seite kann sich bei gewissen Themen durchsetzen, so wie etwa beim Vaterschaftsurlaub, der auch gelten soll, wenn das Kind tot zur Welt kommt. Auch eine Motion der SP, die eine nationale Strategie zur Armutsbekämpfung fordert, fand eine Mehrheit.
Doch bei den gewichtigen Themen ist es schwierig für die Linke. Die Fronten im Parlament sind verhärtet. SP und Grünen bleibt oft nur noch die Referendumsdrohung. Wie zum Beispiel bei den – aus ihrer Sicht aufgeweichten – Regeln zum Lärmschutz beim Bauen. Gerade in der Vergangenheit war die Linke oft erfolgreich mit Referenden. Der historische Erfolg ihrer Initiative für eine 13. AHV-Rente hat ihr nun Rückenwind verliehen und gezeigt, dass sie auch Initiativen durchbringen kann. Sie dürfte vermehrt auf dieses Mittel der Volksabstimmung setzen.