Fussball boomt in der Schweiz: Über 300'000 Spielerinnen und Spieler haben sich in der laufenden Saison beim Schweizer Fussball Verband (SFV) angemeldet. Besonders ausgeprägt ist der Trend nach wie vor im Mädchen-Fussball. Mittlerweile geht jede zehnte Lizenz an eine Frau oder an ein Mädchen.
Immer mehr Mädchen wollen «tschutten»
Nachwuchstraining beim FC Länggasse in der Stadt Bern: Auch hier spielen immer mehr Mädchen. 25 bis 30 Spielerinnen in einem Team seien deshalb keine Seltenheit, sagt Trainer Thomas D'Ascoli.
Bewegungen bei den Mitgliederzahlen habe es zwar immer gegeben, aber nun seien diese nachhaltiger geworden, sagt D'Ascoli: «Insbesondere wegen der Mädchen, sie sind gekommen, um zu bleiben.» Und sie würden auch mehr Freundinnen mit ins Training bringen.
Die Mädchen sind gekommen, um zu bleiben. Und sie bringen auch mehr Freundinnen mit ins Training.
Wie man neue Mädchenteams gründet
Eine, die viele Mädchen mitgenommen hat, ist Livia. Als die 14-Jährige anfing, spielte sie noch mit den Jungs. Dann sollte ein Mädchenteam her. «Wir haben angefangen, Flyer zu machen und sind einen Tag durch die Klassen gegangen und haben gesagt, alle Mädchen, die spielen wollen, sollen vorbeikommen», erzählt Livia. Schon beim nächsten Training seien statt fünf etwa 20 Mädchen erschienen.
Und je älter die Mädchen wurden, desto mehr neue Teams wurden für sie gegründet – in jeder Alterskategorie, in der es zuvor noch kein Mädchen-Teams gab.
Bald kein Platz mehr auf dem Rasen?
Was für die Mädchen ein Erfolg ist, ist für den Verein eine Herausforderung, sagt Thomas d'Ascoli: «Wir sind am Limit, mehr geht nicht. Wir können kein neues Team mehr bilden.» Höchstens könne man den Trainingsraum aufteilen – was aber weniger Platz für die einzelnen Teams bedeute. Das sei fürs Training nicht ideal. «Es ist durchaus möglich, dass es in der nächsten Zeit heisst: Wir haben keinen Platz mehr», so der Trainer.
Besonders stark sei die Zunahme der Spielenden in den Städten. Dementsprechend seien auch die Herausforderungen gerade in den städtischen Gebieten grösser als auf dem Land, sagt Adrian Arnold vom SFV.
Wir haben auch schon ein Knabenteam in ein Mädchenteam umgewandelt.
Der Mädchenboom der letzten Jahre wächst mit den jungen Frauen mit – aber mehr Rasenfläche hat der FC Länggasse nicht zur Verfügung. Deshalb steigt Konkurrenzdruck: «Wir haben auch schon ein Knabenteam in Mädchenteams umgewandelt», erzählt D'Ascoli. Dennoch habe er noch keine Lösung für nächsten Sommer.
Mehr Kunstrasenplätze als Lösung
Vereine und auch die öffentliche Hand haben vielerorts reagiert, mit der Umwandlung von Natur- in Kunstrasenplätze etwa. So können die Plätze zuverlässiger und intensiver genutzt werden.
Auch der SFV berät, wie Vereine für mehr Plätze weibeln können. «Wir haben ein Programm auf die Beine gestellt, das jetzt seit einem Jahr läuft. Wir beraten unsere Vereine, wie sie im Umgang mit den politischen Behörden und Gemeindevertretern zum Ziel kommen können», so Arnold. Aber Spielfelder erstellen, das braucht Geld, Zeit und Platz. Alles davon ist rar.
Einen Verdrängungskampf zwischen Mädchen und Buben auf dem Fussballplatz wollen Verband und Vereine unbedingt vermeiden. Mittlerweile trainiert Livia wieder mit den Jungs – aus Platzmangel, aber auch, weil sie dort sportlich mehr gefordert ist. Zum physischen Unterschied sagt sie: «Ich bin nie so schnell und kräftig wie die Jungs. Und wenn mir einer den Ball abnehmen will, dann tackelt er mich weg.» Sie nimmt auch diesen Zweikampf an.