«Wir spielen mit dem Stern auf dem Herz, und das schon seit jeher. Er sollte aber nicht nur für das Judentum stehen, sondern auch für Offenheit», erzählt Jeremy Attar stolz. Er trainiert regelmässig in Zürich-Altstetten mit dem FC Hakoah Zürich. Attar zählt zu den rund 200 Mitgliedern des grössten jüdischen Fussballclubs der Schweiz.
«Hakoah» bedeutet «Kraft» auf Hebräisch. Der Name war typisch für die Zwanzigerjahre, als sich Jüdinnen und Juden selbstbewusst zu organisieren und gegen antisemitische Anfeindungen zu wehren begannen. Sport hatte eine wichtige Integrationsfunktion für viele Juden in der Schweiz. 1921 gegründet, umfasste der «Sportclub Hakoah» in Zürich neben Fussball auch eine Leichtathletik-, Tennis- und Schwimmsektion. Der Kampf ums Leder sollte aber schon früh die herausragende Rolle spielen.
Warum sich viele Hakoah-Fans auch dem FCZ verbunden fühlen
Einwanderer aus Osteuropa prägten den jungen Club massgeblich. Oft lebten sie in den Arbeiterquartieren Aussersihl und Wiedikon, wo jüdische Betlokale, Kulturvereine und Gewerbe entstanden. Die «Bodenständigkeit» ist ein wesentlicher Grund, dass sich viele Hakoah-Fans zugleich dem FCZ verbunden fühlen. Ausserdem gab es innerhalb des FCZ in der Vergangenheit keine antisemitischen Tendenzen wie bei GC.
Mit Fäusten gegen Antisemitismus
Wie ein roter Faden zieht sich der Kampf gegen Antisemitismus durch die Vereinsgeschichte. Bernard Luks war in den Fünfzigerjahren sowohl bei Hakoah wie beim FCZ aktiv. In einem vom FCZ-Museum und Swiss Sports History produzierten Video erinnert sich der Zeitzeuge an handfeste Auseinandersetzungen. «Ein gegnerischer Spieler war gefoult worden, worauf er ‘Saujud!’ rief. Dies hat unser Professor Guggenheim von weitem gehört und ihm halbwegs von hinten einen Kinnhaken versetzt. Nachher lag der Mann k.o. am Boden», gibt der kürzlich verstorbene Veteran im Video zu Protokoll.
Erst ab 1948, als der Staat Israel proklamiert wurde und sich dank einer starken Armee behauptete, sei der Respekt gegenüber jüdischen Fussballern schlagartig gewachsen, sagt Luks weiter. Als Präsident von Hakoah sieht Jeffrey Sachs aktuell kaum Grund zur Sorge. Abgesehen von zwei antisemitischen Vorfällen 2022 habe es in jüngerer Zeit kaum Probleme gegeben.
Sabbat (noch) kein Hindernis
Wie es die Tradition verlangt, gibt es an Samstagen, am Sabbat also und jüdischen Feiertagen, weder Trainings noch Matches. «Wir sind immer noch ein Verein mit einer jüdischen Identität», unterstreicht Sachs. «Das wollen wir für immer beibehalten.» Vertreten seien alle Glaubensrichtungen, von liberal bis orthodox. Die Trainer waren in den letzten Jahren oft nicht jüdisch. Sachs schätzt, dass bei der Aktivmannschaft etwa zwei Drittel, bei den Junioren über 90 Prozent jüdisch sind.
Momentan spielt Hakoah in der vierten Liga. Auf diesem Level seien die samstäglichen Pausen noch kein Problem, sagt Jeffrey Sachs. «Wenn wir in Richtung nationale Ebene gingen, reden wir über eine andere Geschichte. Aber bis dahin müssen wir noch etwas besser werden», gibt er mit einem Schmunzeln zu verstehen. Der Zusammenhalt und die Pflege jüdischer Traditionen scheinen wichtiger zu sein als ein Spitzenplatz an der Tabelle.