Der Druck ist hoch, die Tage sind lang und die Arbeitszeiten unregelmässig: Jobs im Gastgewerbe sind streng. Zwar hat die Branche ihr Corona-Tief überwunden, dennoch fehlen vielerorts Servicekräfte – und vor allem Köche. «Es ist immer noch sehr schwierig», sagt Till Bächtold, Geschäftsführer des Zürcher Traditionslokals Haus zum Rüden. Vor allem gute Leute zu finden, sei eine Herausforderung. «Einen Kellnerjob können wir eher noch kompensieren, aber wenn es ums Kochen geht, brauchen wir Fachkräfte.»
Der jüngste Branchenspiegel von Gastrosuisse zeigt: 39.3 Prozent der Gastronomen sehen in der Personalbeschaffung die zweitgrösste Herausforderung – nebst den steigenden Betriebskosten. Auch auf junge Talente hoffen viele Wirte vergebens: 38 Prozent der Lehren in der Gastronomie und im Catering werden laut Daten des Bundesamts für Statistik von 2023 abgebrochen. Die Gastrobranche sei vielfach selbst schuld, sagt Bächtold. «Die Zimmerstunde ist ein alter Zopf, der jungen modernen Leute missfällt. Auch der patronale Führungsstil, wie ihn viele Gastronomen früher pflegten, kommt nicht mehr gut an.»
Anzeigen platzieren reicht nicht mehr
Bächtold plant eine neue Ausflugsbeiz auf dem Zürcher Uetliberg. Dafür braucht er gutes Personal – und engagiert neu einen Headhunter. Ist das wirklich nötig? Headhunter Sven Meyer von Gastroradar begründet: Es reiche nicht mehr, wenn man eine Anzeige platziert. «Man muss die Leute suchen», sagt er. Er vermittelt Köche und Servicekräfte für Schlüsselpositionen. «Es klingt immer so einfach, man führt ein paar Telefonate und dann hat man jemanden erreicht, der gewillt ist, den Job zu wechseln», sagt Meyer.
Kandidaten suchen, Referenzen einholen, Interviews führen. Den richtigen Kandidaten finden, beanspruche aber viel Zeit, sagt Meyer. «Headhunting ist aufwändig, aber lukrativ.» Je nach Position spült eine Vermittlung zwischen 15'000 und 40'000 Franken in die Kasse.
Personalmangel – nicht mehr
Mit seiner Arbeit macht sich Sven Meyer nicht nur Freunde. «Das ist eine Frechheit. Das hat etwas mit Anstand zu tun», sagt Michel Peclard. In Zürich zählt er zu den bekannten Gastronomen, rund 20 Betriebe nennt er sein Eigen. «Ich habe Mühe damit, wenn Headhunter in Restaurants gehen und Angestellten einen Job mit 500 bis 1000 Franken mehr Lohn anbieten», sagt Peclard. Es gebe andere Wege. Aber auch Peclard reagierte auf den Fachkräftemangel: Er hat für die Angestellten in manchen Betrieben eine Umsatzbeteiligung eingeführt. «Das hat die ganze Firma revolutioniert», sagt er. In der Hochsaison verdiene ein Servicemitarbeiter über 10'000 Franken im Monat. Die Folge: keine Personalprobleme, besserer Service, mehr Umsatz.
Köche hingegen werden nicht am Umsatz beteiligt, dafür bekommen sie mehr Ferien. «Wir haben Trinkgeld und einen guten Lohn», sagt Küchenchef Gianluca Sgier. Das sei nicht überall so. Nebst Lohn und Arbeitsbedingungen liege es am Image, dass es immer weniger Köche gibt, sagt Peclard. «Früher war ein Koch ein König», sagt er. Heute gelte ein solcher Beruf häufig als nicht gut genug. Er sieht dabei auch den Branchenverband Gastrosuisse in der Pflicht.
Gastrom Till Bächtold sieht die Kritik am Headhunting gelassen: Um gutes Personal werde schon längst gebuhlt. «Viele gehen irgendwo essen und zücken dann ihr Kärtchen», so Bächtold.