Die Krankenkassen verlangen für nächstes Jahr eine Prämienerhöhung um 8 bis 9 Prozent. Dies rechnet der Krankenkassenverband Santésuisse vor. Ende Monat wird das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die definitiven Prämien für das kommende Jahr bekannt geben. Für Michael Jordi von der GDK ist klar, dass die Erhöhung nötig sei, um die Kosten zu decken. Die Prämien würden die Ausgaben für Medikamente, Spitalbehandlungen oder Arztbesuche nicht mehr decken. Die Kosten seien vor allem dieses Jahr massiv und überdurchschnittlich gestiegen.
«Diese Prämien sind ein Schlag, das ist nicht wegzureden», so Michael Jordi. «Aber wenn wir es über mehrere Jahre hinweg anschauen, muss man doch sagen, dass wir in den letzte 15 Jahren Prämienanstiege von nur 1.5 Prozent hatten, das war unterdurchschnittlich. Das relativiert diesen Schock ein bisschen».
Die Kantone stellen mit Blick auf den erwarteten Anstieg der Prämien die Frage, was dieser für die Ausrichtung von Prämienverbilligungen bedeutet. Eine entsprechende Anpassung der kantonalen Beiträge sei nötig, sagt Michael Jordi im «Tagesgespräch»: «Ich gehe davon aus, dass die Prämienverbilligungen erhöht werden. Wir müssen die hohen Prämien abdämpfen.»
Ich gehe davon aus, dass die Prämienverbilligungen erhöht werden. Wir müssen die hohen Prämien abdämpfen.
Langfristig sieht Jordi die Lösung in einer Senkung der Gesundheitskosten. Man müsse bei der Ursache ansetzen, sagt er. Sei das mit der einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistung oder mit einer besseren Kommunikation zwischen Pflegepersonal und den Patientinnen und Patienten.
Michael Jordi sagt: «Wir haben heute sehr viel mehr Leute, welche mit den Patienten arbeiten als es früher der Fall war.» Mit einem elektronischen Patientendossier könne die Kommunikation zwischen diesen verschiedenen Behandlungsstellen verbessert werden. Das sei effizient und senke die Kosten, ist Jordi überzeugt.
Grundsätzliche Systemänderungen nicht mehrheitsfähig
Zudem setzt er sich dafür ein, dass die Prämien an die Einkommen gekoppelt werden: Gutverdiener sollen mehr bezahlen. «Persönlich bin ich überzeugt, dass einkommensabhängige Prämien die Möglichkeit sind, wie man auf eine einfache Art, sozialpolitisch verträgliche Prämie haben könnte.»
In der Vergangenheit hatten allerdings solche grundsätzlichen Systemänderungen immer einen schweren Stand im Parlament und waren nicht mehrheitsfähig.
Ein komplettes Umdenken forderte kürzlich auch die Zürcher Gesundheitsdirektorin Nathalie Rickli (SVP). Eine Abschaffung der obligatorischen Grundversicherung sieht Jordi aber nicht als Lösungsweg an: «No Way. Auf keinen Fall. Das wird in der Stimmbevölkerung nicht durchkommen und darum würde ich darüber gar keine grossen Gedanken verschwenden.»
Überhaupt wird sich Michael Jordi in Zukunft weniger Gedanken machen über das Schweizer Gesundheitssystem. Der 64-Jährige geht Ende Monat in Pension – nach 22 Jahren bei der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren.
Das Pflegepersonal hat weniger Zeit für einen Einzelpatienten und das ist natürlich ein Nachteil, der uns wegen des Fachkräftemangels noch jahrelang beschäftigen wird.
Die medizinische Behandlung sei in dieser Zeit individueller geworden, schon nur durch den medizinischen Fortschritt: «Aber das Pflegepersonal hat weniger Zeit für einen Einzelpatienten und das ist natürlich ein Nachteil, der uns wegen des Fachkräftemangels noch jahrelang beschäftigen wird.»
Michael Jordi selbst freut sich auf die Freizeit, die er ab Oktober geniessen kann. Er will ein paar Monate durch Nepal reisen, wo er einst in die Primarschule ging. Zuerst muss er sich aber von seinem Kreuzbandriss erholen.