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Eltern bleiben für Krankenkassenschulden verantwortlich
Aus 10 vor 10 vom 04.01.2024.
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Geerbte Krankenkassenschulden «Ich konnte nicht schlafen, weil es mir so schlecht ging»

Eine junge Frau erzählt, wie sie unter den Krankenkassenschulden litt. Neu sollen die Eltern verantwortlich bleiben.

Nachdem Kim Ott ihre Volljährigkeit erreicht hatte, füllte sich der Briefkasten mit unliebsamer Post. «Auf einmal habe ich sehr viele Briefe bekommen», erinnert sie sich an die Zeit kurz nach ihrem 18. Geburtstag. Die Briefe kamen vom Betreibungsamt, darin zahlreiche Rechnungen.

Die 18-Jährige fiel aus allen Wolken: Ihre Mutter hatte ihr nie erzählt, dass sie Kims Krankenkassenrechnungen nicht bezahlt und somit Schulden angehäuft hatte. 

Eine Person hält mehrere Krankenkassen-Karten in der Hand.
Legende: Wenn Krankenkassenschulden der Eltern auf die 18-Jährigen übergehen, kann dies zu einer enormen Belastung führen. Keystone/Archiv/CHRISTIAN BEUTLER

Über 3000 Franken Schulden hatte Kim Otts Mutter angehäuft, da sie Prämien und andere Rechnungen für ihre Tochter teilweise nicht bezahlt hatte. Mit dem 18. Geburtstag gingen die Schulden an die Tochter über. Die junge Frau sagt, sie sei enttäuscht gewesen von ihrer Mutter, diese habe sie nicht ernst genommen und ihr nicht weitergeholfen. Hilfe fand sie schliesslich bei der Jugendberatung der Jugendarbeit Juar Basel.

«Ich konnte nachts nicht schlafen, weil es mir so schlecht gegangen ist», erinnert sich die heute 21-jährige Frau. Der Gedanke an die Schulden hätten ihr Leben beherrscht. Die 3000 Franken waren viel Geld für die damalige Praktikantin.

Wie viele sind betroffen?

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Wie viele Jugendliche das gleiche Problem haben wie Kim Ott, ist unklar. Beim zuständigen Bundesamt für Gesundheit hat man keine Zahlen. Christoph Walter von der Jugendarbeit Basel befürchtet eine hohe Dunkelziffer. «Ich glaube, viele Leute wissen gar nicht, dass sie Krankenkassenschulden vor Volljährigkeit gemacht haben und werden vielleicht erst bei einem späteren Krankenkassenwechsel darauf aufmerksam gemacht.» Denn nicht alle Kassen hätten gleich beim 18. Geburtstag Mahnungen und Betreibungen verschickt wie die Kasse von Kim Ott.

Heute soll es Jugendlichen, die 18 Jahre alt werden, besser gehen als Kim Ott. Dafür hat der Bundesrat mit einer Gesetzesänderung gesorgt. Neu sollen die Eltern verantwortlich bleiben für die Krankenkassenschulden, die sie für ihre Kinder verursacht haben.

Die Neuerung gilt nur für diejenigen, die ab 2024 18 Jahre alt werden.
Autor: Gabriela Giacometti Mediensprecherin Bundesamt für Gesundheit

Das begrüsst Christoph Walter von der Jugendarbeit Basel. Ganz zufrieden ist er aber nicht und wünscht sich eine Ausweitung der Änderung: «Wir hätten klar den Wunsch, junge Erwachsene bis 25 mitzuberücksichtigen.» Das wäre ein grosser Wunsch an die Politik, so Walter. Denn es sei zu vermeiden, dass junge Erwachsene unverschuldet in die Schuldenfalle rutschten, erklärt er weiter. 

Beim Bundesamt für Gesundheit, welches für die Gesetzesänderung zuständig ist, versteht man diesen Wunsch. Man habe versucht, die Situation für die jungen Menschen so gut wie möglich zu verbessern. Eine Ausweitung sei aber leider nicht möglich, erklärt Mediensprecherin Gabriela Giacometti. «Das liegt einerseits an der Umsetzung. Man kann laufende Betreibungen nicht im Nachgang für falsch oder ungültig erklären. Und andererseits gelten Gesetze immer für die Zukunft», so Giacometti. Das heisse in diesem konkreten Fall: Die Neuerung gelte nur für diejenigen, die ab 2024 18 Jahre alt werden.

Schulden verunmöglichen Krankenkassenwechsel

Damit ist jungen Menschen, die in der Vergangenheit die Schulden ihrer Eltern geerbt haben, nicht geholfen. Für Betroffene können die Schulden eine grosse Last sein. Denn: Ein Eintrag im Betreibungsregister kann beispielsweise bei der Wohnungssuche grosse Probleme verursachen. Oder Krankenkassenschulden können einen Wechsel der Krankenkasse verunmöglichen.

Das Beispiel von Kim Ott zeigt aber auch: Es kann gelingen, aus der Schuldenfalle herauszukommen. Ott hat mit Hilfe der Jugendberatung ein Budget erstellt, ihre Schulden zurückbezahlt und Prämienverbilligung beantragt. Heute arbeitet sie in einem Kino und will im Herbst ein Studium beginnen. Für sie ist klar: «Ich möchte nie wieder Schulden haben.» Sie habe jetzt gelernt, ihre Finanzen im Griff zu haben, jeden Monat ihre Rechnungen zu bezahlen und auch etwas Geld auf die Seite zu legen.

10vor10, 04.01.24, 21:50 Uhr

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