Normalerweise sitzt Simone Gutzwiller als Heilpädagogin den Schülerinnen und Schülern gegenüber. Und unterstützt Kinder und Jugendliche, die in der Schule negativ auffallen oder in der Gruppe Probleme haben. Ganz anders jetzt: Seit die Schule zu ist, helfe sie den Kindern vor allem bei technischen Fragen. Zum Beispiel: «Haben die Schülerinnen und Schüler das Material, konnten sie es ausdrucken? Inhaltliche Sachen waren nicht so Thema.»
Zwei- bis dreimal pro Woche habe sie zu Beginn des Fernunterrichts Schülerinnen und Schüler angerufen, um herauszufinden, wer gut mitkomme und wer nicht. Und per Videochat helfe sie bei konkreten Aufgaben. Einem Schüler zum Beispiel, der ein Dreieck konstruieren sollte, für den Geometrieunterricht – und nicht mehr wusste, wie das geht. Er montierte seine Handykamera so, dass sie den Arbeitsplatz zeigte: «So konnte ich sehen, was er macht, und darauf reagieren.» Und ihm so Schritt für Schritt helfen.
Die Hürde für diesen digitalen Fernunterricht sei für Kinder aus benachteiligten Familien hoch, wenn die Eltern ihre Kinder nicht unterstützen könnten – oder wenn ganz einfach im Haushalt kein Computer vorhanden sei, stellt Gutzwiller fest.
«Allerdings muss ich auch sagen, dass Schüler plötzlich nicht mehr mitkommen, die sonst in der Schule nicht aufgefallen sind. Und bei anderen, die in der Schule beim direkten Kontakt Mühe haben, staunen wir, wie gut sie das hinbekommen. Wie sie sich jetzt, aus der Ferne, als sehr selbständig erweisen.»
Einige Kinder, die in der Schule beim direkten Kontakt Mühe haben, erweisen sich aus der Ferne als sehr selbständig.
Manche Kinder könnten sich selbst eine Struktur geben. Anderen fehle der Schulalltag und der Austausch mit der Lehrperson. Probleme gebe es besonders in Familien mit Kindern, die sowieso ein schwieriges Verhalten hätten. Da käme es zu Konflikten.
In solchen Fällen sind es Schulsozialarbeiterinnen und -sozialarbeiter, die mit den Familien Kontakt aufnehmen. Sophie Raissle ist Schulsozialarbeiterin an einer Basler Primarschule. Normalerweise sei der Kontakt zu Schülern, Lehrerinnen und Eltern direkt. Jetzt müsse sie abwägen, wann sie mit einer Familie Kontakt aufnehme. Dabei gehe es immer um die Frage, ob es einem Kind zu Hause gut gehe.
Schwierige Problemsuche
Am Telefon sei das nicht immer einfach herauszufinden: «Wenn wir eine Beratung führen, wo es um häusliche Gewalt geht, haben wir die Menschen in der Regel vor uns: Wir können ihre Körpersprache lesen, können beobachten, ob ein Mensch um Fassung ringt, betroffen ist.» Wenn Raissle den Eindruck bekomme, dass es einem Kind möglicherweise nicht gut gehe, dann würde sie sie auch mal zum persönlichen Gespräch einladen. Das seien aber Ausnahmefälle, seit die Schulen wegen der Corona-Pandemie geschlossen seien.
Grundsätzlich würden Schulsozialarbeiterinnen zurzeit schneller bei den Familien anrufen und nachfragen, wie es läuft. Und trotzdem, sagen Sozialarbeiterin Raissle und Heilpädagogin Gutzwiller: Ohne direkte Begegnungen müssten sie davon ausgehen, dass sie einiges nicht mitbekommen, wenn Kinder in Schwierigkeiten seien. Es sei wichtig dies möglichst schnell aufzufangen, wenn nächste Woche die Schulen wieder öffnen.