- Der ehemalige Fussballfunktionär Theo Zwanziger wirft dem Bundesanwalt Befangenheit vor. Er hat eine neue Aufsichtsbeschwerde eingereicht.
- Auch Ex-Fifa-Präsident Joseph Blatter kritisiert die Geheimtreffen.
- Ein Teil der Fifa-Verfahren droht zu verjähren. Das wäre laut Korruptionsexperte und Fifa-Kenner Mark Pieth eine «grosse Peinlichkeit».
- Die Bundesanwaltschaft will sich zu den aktuell geäusserten Vorwürfen nicht äussern.
«Kumpanei zwischen der Bundesanwaltschaft und der Fifa»: Das moniert Theo Zwanziger Bundesanwalt Michael Lauber in seiner neuen Beschwerde vom 31. Mai 2019.
Der «Rundschau» liegt die Eingabe des ehemaligen Präsidenten des Deutschen Fussball-Bundes vor. «Gerade wenn sie als Amtsperson tätig werden, dürfen sie nicht im Ansatz den Anschein der Befangenheit erwecken», unterstreicht Zwanziger seine Vorwürfe.
Theo Zwanziger ist selbst Beschuldigter im Verfahren rund um die Vergabe der Fussball-WM 2006, das die Bundesanwaltschaft 2015 eröffnet hat.
Zwanziger hat bereits mehrere Ausstandsgesuche und Anträge gegen Bundesanwalt Michael Lauber und seine Ermittler eingereicht. Auch andere ehemalige Fussballfunktionäre wehren sich juristisch.
Zwanziger geht in die Offensive
Diese Gegenoffensiven zeigen, wie sich Lauber mit seinen «informellen Treffen» angreifbar gemacht hat. Der Bundesanwalt hatte sich dreimal mit Fifa-Präsidenten Gianni Infantino getroffen – diese Treffen aber nicht protokolliert und eines der Aufsicht nicht gemeldet. Deshalb läuft ein Disziplinarverfahren gegen Lauber.
«Der Bundesanwalt hat sich in grösste Schwierigkeiten gebracht und ich habe Zweifel, ob er noch unbefangen ist», kritisiert Strafrechtsprofessor und Fifa-Kenner Mark Pieth die Treffen. Der Bundesanwalt habe sich in eine missliche Lage gebracht. Eigentlich müsste er einen «grossen Bogen» um die Fifa-Verfahren machen, so Pieth. «Aber das kann er nicht, weil er der Chef ist.»
Bundesanwalt Laubers missliche Lage
Auch der ehemalige Fifa-Präsident Joseph Blatter kritisiert die umstrittenen Treffen: «Es ist unfair, weil diese nicht dokumentiert wurden und wir nicht wissen, das da gesprochen wurde. Vielleicht wurde sogar über mich gesprochen», so Blatter gegenüber der «Rundschau». Auch er ist selbst Beschuldigter in den Fifa-Verfahren.
Bereits im nächsten Frühling könnten die ersten Verfahren zum Thema Fussball verjähren. «Wenn ein Gericht findet, Bundesanwalt Lauber oder einer seiner Mitarbeiter sei befangen, dann kann man praktisch nochmal von vorne anfangen», so Strafrechtsprofessor Pieth. Schlimmstenfalls würden dann Verfahren verjähren: «Das wäre eine grosse Peinlichkeit», so Pieth und ein «Armutszeugnis» für die Schweizer Justiz.
Die Bundesanwaltschaft wollte gegenüber der «Rundschau» nicht Stellung nehmen. Lauber hatte gegenüber den Medien mehrmals betont, solche «informellen Treffen» seien bei grossen und komplexen Verfahren notwendig und üblich. «Solche Treffen sind zulässig», hatte er an einem emotionalen Auftritt am 10. Mai dieses Jahres noch einmal betont.
Dass die Anwälte der Fussballfunktionäre seine Unabhängigkeit in Zweifel ziehen, hatte Lauber wie folgt kommentiert: «Die Ausstandsbegehren sind etwas, das heute zum täglichen Handwerk der Strafverteidiger gehört.». Zu beurteilen seien diese Gesuche vom Bundesstrafgericht.
Die FIFA teilte der Rundschau heute mit, die Treffen zwischen Gianni Infantino und Michael Lauber seien Ausdruck davon, dass die FIFA voll mit den Behörden kooperiere und grösstes Interesse an der Aufklärung begangener Verbrechen habe.