33 Millionen Franken mehr für Afghanistan: Der Bundesrat stockt die humanitäre Hilfe auf, nachdem die US-Armee aus dem kriegsgebeutelten Land abgezogen ist. Die Schweiz hilft damit der notleidenden Bevölkerung mit insgesamt 60 Millionen Franken in den nächsten Monaten. Anfang nächster Woche ist in Genf zudem eine internationale Afghanistan-Konferenz geplant. Aussenminister Ignazio Cassis erklärt, was der Bundesrat mit den zusätzlichen Geldern vorhat.
SRF News: Wofür will der Bundesrat das gesprochene Geld genau ausgeben?
Ignazio Cassis: Wir stocken unser finanzielles Engagement vor Ort auf, um die intern Vertriebenen besser zu schützen, ihnen die notwendige Sicherheit und Gesundheitsversorgung zu geben. Leider hat die Krise zu Hunderttausenden intern Vertriebenen geführt, auch in den Nachbarländern Pakistan und Iran. Und all diese Leute brauchen jetzt Schutz, brauchen Versorgung, brauchen ein Dach über dem Kopf. Auf dem Gebiet sind wir unterwegs.
Arbeiten Sie hierfür auch mit den Taliban zusammen?
Wir arbeiten schon seit vielen Jahren in Afghanistan und wir haben selbstverständlich in dieser Zeit auch immer wieder mit den Taliban zu tun gehabt, ohne einen offiziellen Dialog mit ihnen zu führen. Inzwischen hat sich eine neue Regierung gebildet. Wir haben nicht den Anspruch, einen Dialog mit dieser Regierung zu haben. Aber selbstverständlich stehen wir zur Verfügung mit den guten Diensten, sollte sich Gelegenheiten ergeben für eine Friedensförderung oder ähnliches.
Im Moment gibt es keine formellen Kontakte zu den Taliban.
Es gibt Forderungen, auch von westlichen Politikern, dass man mit den Taliban jetzt das Gespräch suchen soll. Sie sind in dem Punkt derzeit noch vorsichtiger?
Im Moment sind wir in direkten Gesprächen mit denjenigen, die dieses Geld auch bekommen. Das sind die NGOs vor Ort, etwa das Internationale Rote Kreuz. Der Präsident des IKRK war in den letzten Tagen in Afghanistan und wir haben somit indirekte Kontakte, selbstverständlich auch zu diesen Leuten. Aber im Moment gibt es keine formellen und Regierungskontakte.
Geht es, wenn Sie den Menschen dort helfen wollen, in Afghanistan und auch in den Nachbarländern, auch darum, zu verhindern, dass diese nach Europa kommen wollen?
Das ist richtig. Das ist ein Mittel, damit den Leuten vor Ort geholfen werden kann. Die meisten von ihnen wollen auch vor Ort bleiben, bei sich zu Hause, wenn der notwendige Schutz gewährleistet wird. Und wir können auch nicht das ganze Land nach Europa evakuieren.
Aber das heisst auch, dass der Iran und Pakistan diese Leute beherbergen müssen. Kann man die geflohenen Menschen diesen Ländern mit gutem Gewissen überlassen?
Man hat gar keine andere Wahl. Die Menschen wollen so weit es geht bei sich zu Hause bleiben oder in den Nachbargebieten. Aber sie brauchen dort unglaublich viel Hilfe, damit sie keinen Hunger leiden und ein Dach über dem Kopf haben. Wir tun das eben mit der humanitären Hilfe.
Das UNHCR fordert die Schweiz auf, dass auch sie für afghanische Flüchtlinge, die in den Nachbarländern sind und seit Jahren auf ein sogenanntes Resettlement warten, Plätze zur Verfügung stellt, dass diese auch in die Schweiz kommen sollen. Machen Sie dabei mit?
Ich habe von diesen Aufforderungen in den Medien gelesen, aber eine entsprechende Anfrage seitens des UNHCR ist noch nicht beim Bund eingetroffen.
Wenn sie zum Bund kommt, sind Sie dafür offen?
Das ist sicher vorstellbar. Wenn eine entsprechende Anfrage mit entsprechenden Kriterien kommt, werden wir sie sicher vertieft prüfen.
Das Gespräch führte Oliver Washington.