Mit seiner Unterschrift hat der Schweizer Rüstungschef Urs Loher den Beitritt der Schweiz zur «European Sky Shield»-Initiative besiegelt. Der Bundesrat konnte den Beitritt in eigener Kompetenz beschliessen. Die Parlamentskommissionen wurden zwar konsultiert. Doch das Parlament konnte nicht mitentscheiden. Eine entsprechende Motion, die das fordert, ist noch hängig.
Urs Loher, Direktor des Bundesamts für Rüstung, macht klar, was sich die Schweiz vom Beitritt verspricht: «Insbesondere gute Konditionen bei der Beschaffung. Das heisst: günstigere Preise, kürzere Lieferzeiten, die Nutzung von Ausbildungsinfrastruktur und Unterstützung bei der Instandhaltung.»
Beitritt weckt Hoffnungen und Ängste
Wenn sich 15 Länder zusammentun und dasselbe Produkt bestellen, sind sie in einer viel stärkeren Verhandlungsposition, als wenn die kleine Schweiz allein verhandelt. Und die Verhandlungsposition der «Sky Shield»-Initiative dürfte noch stärker werden. Denn sieben weitere Länder planen, «Sky Shield» ebenfalls beizutreten.
Von den erwarteten Skaleneffekten könnte die Schweiz schon bald profitieren, denn Armasuisse beschafft gegenwärtig ein bodengestütztes Luftverteidigungssystem mittlerer Reichweite. Ein System, das auch andere «Sky Shield»-Mitglieder beschaffen wollen.
Loher betont bei der Bekanntgabe des Beitritts vor den Medien, dieser sei mit der Schweizer Neutralität vereinbar. Denn aus dem Parlament gibt es auch kritische Stimmen von links bis rechts.
Am klarsten stellt sich die SVP gegen den Beitritt zu «Sky Shield» und bezeichnet diesen als «weiteren Schritt in Richtung Nato-Beitritt». Um sich abzusichern, hat die Schweiz eine Klausel in die Beitrittserklärung geschrieben, wonach die Schweiz die Teilnahme an «Sky Shield» «suspendieren» könne, wenn ein Mitglied in einen bewaffneten Konflikt involviert würde.
Offene Fragen zur Schweizer Neutralität
Für Evelyne Schmid, Professorin für Internationales Recht an die Universität Lausanne, ist der Beitritt zu «Sky Shield» aber nicht so unproblematisch, wie ihn der Bundesrat darstellt. Zwar verletze der Beitritt das Neutralitätsrecht nicht. Doch er sei heikel für die Neutralität. Denn dann, wenn «Sky Shield» relevant würde, also im Kriegsfall, müsste die Schweiz als neutraler Staat sofort jede militärische Zusammenarbeit beenden.
Der Ausstieg aus «Sky Shield» könnte, nachdem man jahrelang eng zusammengearbeitet habe, schwieriger werden, als man heute denke. «Wie einfach es dann tatsächlich wäre, wieder auszusteigen, unter dem Druck der anderen Mitglieder und der öffentlichen Meinung, genau dann, wenn es am wichtigsten wäre, steht auf einem anderen Blatt», sagt Schmid.
Die Schweiz entscheidet frei, unabhängig und jederzeit, wo sie mitmachen will und wo nicht.
Rüstungschef Loher hingegen gibt sich unbeirrt: «Aus meiner Sicht muss man sich überhaupt keine Sorgen machen hinsichtlich der Neutralität. Die Schweiz entscheidet frei, unabhängig und jederzeit, wo sie mitmachen will und wo nicht.»
Die Schweiz rückt mit ihrem Beitritt zu «Sky Shield» ein Stück näher an die Nato. Denn sämtliche Gründungsmitglieder gehörten der Nato an – mit Ausnahme Finnlands, das mittlerweile aber auch Nato-Mitglied ist. Ob diese grössere Nähe der Schweiz zur Nato problematisch ist oder nicht, zeigt sich wohl erst im Ernstfall, von dem alle hoffen, dass er nie eintreten wird.