Geschlechterdiversität - Basel will bei der Gleichstellung Pionierin sein
Das neue Gleichstellungsgesetz stellt alle Geschlechter gleich, nicht nur Frauen und Männer. Nach Protesten von Feministinnen wird die Kategorie Frau und Mann aber nicht ganz aus dem Gesetz verbannt.
Der Kanton Basel-Stadt weitet den Begriff der Gleichstellung aus.
Das neue Gleichstellungsgesetz wird auch auf LBGTQI+-Personen ausgerichtet.
Frauen und Männer werden im neuen Gesetzestext aber explizit erwähnt.
«Basel-Stadt ist der erste Deutschschweizer Kanton, der sein kantonales Gleichstellungsgesetz ausweitet», sagt Barbara Heer nicht ohne Stolz. Sie ist die Präsidentin der vorbereitenden Kommission für das neue Gesetz.
Nicht nur Frauen und Männer
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Was bedeutet queer?
Der Begriff «queer» wird unterschiedlich interpretiert. In Bezug auf den Diskurs zur Revision des Gleichstellungsgesetzes ist die Bezeichnung «queer» als Sammelbegriff zu verstehen für Menschen, die sich in ihrer sexuellen Orientierung und/oder ihrer Geschlechtsidentität von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Das können Lesben oder Schwule sein oder Trans-Menschen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei Geburt zugewiesen wurde.
Trans-Menschen identifizieren sich entweder mit dem jeweils anderen Geschlecht oder ordnen sich keinem Geschlecht zu. Letztere bezeichnen sich auch als nicht-binäre Menschen. Sie sind weder abschliessend Frau noch Mann oder verstehen ihre Geschlechtsidentität als fliessend. Seit etwa Mitte der 1990er-Jahre wird der Begriff zunehmend als Selbstbezeichnung verwendet. Er ist nicht abschiessend definiert und verändert sich.
Was soll LGBTQIA+ ausdrücken?
Der sperrige Begriff ist eine Aufzählung von Identitäten rund um sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität. Während die Abkürzung LSB für Lesben, Schwule (Gay) und Bisexuelle lange eine abschliessende Community verkörperte, wurde die Zeichenkette mit der Transidentität um das T erweitert. I steht für intergeschlechtliche Menschen, deren biologische Merkmale nicht eindeutig weiblich oder männlich sind. A steht für asexuelle und/oder aromantische Personen, also Menschen, die entweder keine sexuelle Orientierung empfinden oder aber Sexualität losgelöst von romantischem Empfinden leben wollen.
Die Sammlung der Identitäten sind nicht abschliessend, was durch + am Ende symbolisiert wird. Das Scheitern an der Vollständigkeit führte dazu, dass sich «queer» als Sammelbegriff etablierte.
«Wir sind überzeugt, dass wir mit diesem Gesetz einen grossen Schritt vorwärtsmachen können», sagt Heer. «Einen Schritt in Richtung Gleichstellung von Frauen und Männern und in Richtung Gleichstellung von LBGTQI-Menschen.»
Ein Gleichstellungsgesetz, welches auch queere Menschen explizit gleichstellt, gibt es bisher nur in Genf. Alleine ist Basel aber auch in der Deutschschweiz nicht. «Bern hat seine Fachstelle für Gleichstellung angewiesen, den Auftrag zu erweitern», sagt Heer. Allerdings habe man das dort nicht in ein Gesetz gegossen.
Gendervielfalt wird am Frauenstreik von Jahr zu Jahr sichtbarer
Im neuen Basler Gesetzestext zur Gleichstellung findet sich auch die queere Community wieder. Im aktuell gültigen Gesetz von 1995 ist nur die Rede von Frauen und Männern. Dass Frauen in einer ersten Fassung nicht mehr explizit erwähnt worden sind, führte zu Kritik bei einigen Feministinnen.
Die Sorgen einiger Feministinnen
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Die Einführung eines Gesetzes zur Gleichstellung war 1995 ein grosser Erfolg der Feministinnen. Dass Frauen im neuen Gleichstellungsgesetz in einer ersten Fassung nicht mehr explizit erwähnt worden sind, machte einigen von ihnen Angst. «Die Sicht der Frauen spielt keine Rolle mehr im neuen Gesetz», sagte beispielsweise die Juristin Margrith von Felten von der Gruppe Frauenrechte beider Basel. Sie politisierte bis 1992 für die Basler SP im Nationalrat.
Zwar sei der Schutz von queeren Menschen richtig und wichtig, so Von Felten. Das legitimiere aber nicht, dass «die strukturelle Ausgrenzung der Frauen völlig aus dem Blick» gerate. Zusammen mit anderen Feministinnen kämpfte sie deshalb für das neue Gleichstellungsgesetz.
Mittlerweile fühlen sich die Kritikerinnen von einst zumindest erhört. Ob sie dem Gesetz zustimmen oder es bekämpfen werden, sei aber noch nicht klar, sagt Erika Paneth von «Frauenrechte beider Basel». «Wir müssen den 88-seitigen Bericht und das Gesetz studieren und besprechen.» Dies werde in den nächsten Tagen geschehen.
Mit dem Gesetz besteht beispielsweise eine rechtliche Grundlage, um Organisationen zu unterstützen, die queeren Menschen hilft. Zudem ist der Kanton nun verpflichtet, die Gleichstellung von LGBTQI+-Menschen voranzutreiben.
Jedes Problem könne damit aber nicht gelöst und auch nicht jede Fragestellung beantwortet werden, sagt Kommissionsmitglied David Jenny. «Beispielsweise muss man nicht wegen des Gesetzes eine dritte Umkleidekabine auf dem Sportplatz bauen.» Zudem blieben im übergeordneten Bundesgesetz die Begriffe Frau und Mann bestehen.
Nicht alle Hürden genommen
Ob das Gesetz auch tatsächlich in Kraft tritt, ist noch nicht sicher. Zuerst muss es im Parlament angenommen werden. Zudem kann es mit einem Referendum bekämpft werden.
Allerdings hat die Kommission von Heer und Jenny bereits viele Gruppen und Organisationen angehört und einen Kompromiss ausgearbeitet. Es ist also bereits vieles davon ins Gesetz geflossen, was zuvor für Kritik gesorgt hat.
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