Am Mittwoch gehen Tausende Frauen auf die Strasse – es ist Frauenstreik. Sie kämpfen für Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, etwa bei den Löhnen. Vermehrt stellt sich allerdings eine Frage zum Geschlecht. Denn die heutige Welt lässt sich längst nicht mehr nur in Mann und Frau aufteilen.
So gibt es auch non-binäre, intersexuelle, queere oder Trans-Menschen. Die Vertreter dieser LGBTQI-Community pochen ebenfalls auf Gleichstellung und kämpfen gegen Diskriminierung.
Dass das zunimmt, finde ich definitiv bedenklich.
Unter ihnen ist Billy Ostertag. Billy Ostertag ist non-binär, fühlt sich also weder als Frau noch Mann, sondern hat ein drittes Geschlecht. Das macht das Leben oft kompliziert, etwa beim wöchentlichen Training in einer Kampfkunstschule. Dort hat es eine Garderobe für Männer und eine für Frauen.
Billy Ostertag wählt zwar jene für Frauen, aber nur mangels Alternative: «Ich gehe in die Frauenkabine, weil mein Körper ein weiblicher Körper ist. Aber wenn es eine dritte Möglichkeit gäbe, würde ich die dritte wählen.»
Noch problematischer findet Billy Ostertag die Wahl der Toilette. Und Mühe mache auch das Ausfüllen von Formularen, in denen nach dem Geschlecht gefragt werde.
Anfeindungen nehmen zu
Neben solchen Problemen im Alltag, wo es keine geschlechtsneutrale Wahl gibt, kommt es auch zu Anfeindungen. So zeigt der neuste Hate-Crime-Bericht 2022, dass vermehrt auch non-binäre Personen etwa Opfer verbaler Angriffe sind. «Dass das zunimmt, finde ich definitiv bedenklich», sagt Billy Ostertag, ohne aber bisher selber davon betroffen gewesen zu sein.
Trotzdem wünscht sich Billy Ostertag, auch als Vorstandsmitglied des Vereins Habs Queer Basel, die Schaffung eines dritten Geschlechts: «Wenn es diese dritte Möglichkeit gäbe, dann schadet das ja niemandem, aber es hilft einigen.»
Kanton Genf mit Vorreiterrolle
Kaum bemerkt von der übrigen Schweiz und ohne grosse Diskussionen hat Genf im März als erster Schweizer Kanton genau das geschaffen, was Basel-Stadt plant: ein neues Gleichstellungsgesetz, das mit einer breiten Geschlechterdefinition LGBTQI-Menschen umfasst, ohne Fokus auf Mann und Frau. Das Gesetz kam in Genf ohne grosse Diskussionen durch.
Ganz anders der Bundesrat. Letzten Dezember hat er der Schaffung eines dritten Geschlechts eine Abfuhr erteilt. Obwohl in anderen Ländern schon Realität, seien die gesellschaftlichen Voraussetzungen dafür in der Schweiz derzeit nicht gegeben.
Kurz zuvor machte der damalige Bundesrat Ueli Maurer bei seiner Rücktrittsankündigung klar, dass er nichts von einem dritten Geschlecht hält. «Ob meine Nachfolgerin eine Frau oder ein Mann ist, ist mir eigentlich gleich. Solange es kein ‹Es› ist, geht es ja noch», antwortete er auf eine entsprechende Frage.
Andere Länder kennen drittes Geschlecht
Und erst letzte Woche hat das Schweizer Bundesgericht den Antrag einer non-binären Person abgelehnt, die sich als geschlechtsneutral registrieren wollte.
Damit das möglich sei, müsse die Politik zuerst die Grundlagen dafür schaffen und das Gesetz ändern. Das haben andere Länder bereits getan, darunter Deutschland, Österreich, Spanien, Dänemark oder die Niederlande.
Die Aussage von Ueli Maurer hat Billy Ostertag verärgert und veranlasst, die Community sichtbarer zu machen und sich für deren Anliegen einzusetzen – mit dem grossen Wunsch, «dass das dritte Geschlecht amtlich möglich ist. Dann hätte ich meine Identität auch auf dem Pass.»