An seiner ersten Sitzung im neuen Jahr hat der Bundesrat am Mittwoch mögliche Verschärfungen ins Spiel gebracht. Er schlägt unter anderem vor, die Schliessung der Restaurants sowie der Kultur-, Sport- und Freizeitanlagen um fünf Wochen bis Ende Februar zu verlängern.
Casimir Platzer, Präsident von Gastrosuisse, zeigt sich im Interview verärgert. Der Bundesrat müsse nun dringend der Gastronomiebranche finanzielle Hilfe zukommen lassen.
SRF News: Der Bundesrat hat vorgeschlagen, die Gastronomie geschlossen zu halten. Frustriert Sie dieser Entscheid?
Casimir Platzer: Ich finde es vor allem ein Hohn, dass der Bundesrat noch immer keine Entschädigung angekündigt hat. Wenn er schon die Restaurants weiterhin schliesst, braucht es sofort Ausfallsentschädigungen. Die Betriebe haben laufende Fixkosten und sind nach zehn bis elf Monaten Coronakrise ausgeblutet. Im März hat der Bundesrat innerhalb von ein paar Tagen den geschlossenen Betrieben die nötige Liquidität zugeführt, und nun kommt einfach nichts. Das ist desaströs für die Branche und für mich unverständlich.
Der Bundesrat sollte, statt stundenlange Medienkonferenzen zu halten, besser schauen, dass das angeblich beste Gesundheitssystem der Welt auch für diese neuen Wellen fit ist.
Was halten Sie grundsätzlich von den getroffenen, bzw. verlängerten Massnahmen?
Ich bin nicht sicher, ob diese Massnahmen greifen. Wenn wir über die Grenze schauen, sehen wir, dass in Ländern, die seit Monaten im Lockdown sind, die Zahlen auch steigen oder konstant bleiben. Ansteckungen finden nicht unbedingt im Restaurant statt, sondern bei Begegnungen. Wenn die Restaurants geschlossen sind, finden diese Begegnungen andernorts, ohne Schutzkonzepte statt. Darum halte ich diese Massnahmen für grundsätzlich wirkungslos und nicht zielführend.
In der Westschweiz, wo die Restaurants offen blieben, stieg der R-Wert allerdings wieder über 1. Spricht das nicht dafür, dass in der Gastronomie Ansteckungen stattfinden?
Die Entscheidungen des Bundesrats basieren auf der Situation in den Spitälern, auf der Belegung der Intensivbetten und auf dem R-Wert. Der R-Wert schaut in die Vergangenheit, ist unzuverlässig und wurde schon mehrmals nachkorrigiert. Das ist nicht seriös. Der Bundesrat sollte, statt stundenlange Medienkonferenzen zu halten, besser schauen, dass das angeblich beste Gesundheitssystem der Welt auch für diese neuen Wellen fit ist. Wir haben heute 400 Intensivbetten weniger als im April. Das sind 30 Prozent weniger, obwohl wir mehr bräuchten. Aus meiner Sicht ist das grobfahrlässig und das Gastgewerbe muss nun diese Fehler des BAG und des Bundesrats ausbaden.
Wie gravierend ist die Situation der Schweizer Gastronomie?
Wir erhalten tagtäglich Anrufe und E-Mails von verzweifelten Mitgliedern, die nicht mehr wissen, wo oben und unten ist. Gastronomen, die nicht mehr wissen, wie sie ihre Rechnungen und Löhne zahlen sollen. Der Bundesrat hat das noch nicht erkannt, obwohl er jetzt dringend Unterstützungsmassnahmen beschliessen müsste. Das müsste nächsten Mittwoch passieren.
Wie müsste diese Unterstützung aussehen?
Es braucht pauschale Entschädigungen. Unsere Nachbarländer haben uns das vorgemacht. Der Bundesrat kopiert zwar die Massnahmen von etwa Deutschland oder Österreich, aber die entsprechenden Entschädigungen folgten bisher nicht. Es braucht sie, damit die Betriebe überleben können und Hunderttausende von Arbeitsplätzen gerettet werden können.
Das Interview führte Mirjam Spreiter.