Seit der Abstimmung über die Ehe für alle ist klar: Eingetragene Partnerschaften können in eine Ehe umgewandelt werden. Wenige Wochen vor der heutigen Einführung zeigte sich aber: Nicht nur eine Umwandlung ist möglich, sondern Paare in eingetragener Partnerschaft können sich auch richtig trauen lassen. Genauso wie Paare, die ihre Beziehung vorher nicht in einer Partnerschaft geregelt hatten. Das nennt sich eine Trauung mit Ehevorbereitungsverfahren.
Pink Cross: Community verunsichert
Dass die Möglichkeit der Trauung auch Paaren in einer eingetragenen Partnerschaft offenstehe, damit habe niemand gerechnet, sagt Roman Heggli von Pink Cross, der Dachorganisation der schwulen und bisexuellen Männer.
«Das war im ganzen politischen Prozess nie ein Thema. Es war eigentlich immer klar, dass eingetragene Partnerschaften nur in eine Ehe umgewandelt werden können», so Heggli. Entsprechend habe das Thema Trauung zu einer grossen Verunsicherung geführt.
Amtliche Mitteilung stiftet zusätzlich Verwirrung
Plötzlich die neue Möglichkeit, sich trauen zu lassen: Das war für die Paare an sich schon verwirrend. Das war aber noch nicht alles: In Zürich verschickte das Zivilstandsamt eine Mitteilung an alle Personen in eingetragenen Partnerschaften, wonach es im Fall einer Trauung «rechtliche Unklarheiten» gebe. Das verstanden viele Betroffene nicht.
Bei Pink Cross ging deshalb eine Welle von Anfragen ein. Ebenso bei Werner Jahnel, Fachanwalt in Erb- und Familienrecht. Das sei kein gutes Zeichen in einem Rechtsstaat, wenn das für die Eheschliessung zuständige Amt den Interessierten mitteilte, dass es rechtliche Unsicherheiten gebe.
Das ist kein gutes Zeichen in einem Rechtsstaat, wenn ein Zivilstandsamt von sich aus über rechtliche Unsicherheiten informieren muss.
Offen: Anrechnung gemeinsamer Jahre bei Trauung
Bei diesen Unsicherheiten geht es konkret um die Frage, ob die in der eingetragenen Partnerschaft zusammen verbrachten Jahre an die Ehe angerechnet werden. Bei der Umwandlung ist das so: Wer seit zehn Jahren in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, gilt neu als seit zehn Jahren verheiratet. Bei der richtigen Trauung ist aber unklar, ob die Jahre ebenfalls angerechnet werden.
«Das spielt vor allem im Fall einer erleichterten Einbürgerung eine Rolle. Hier muss man drei Jahre miteinander verheiratet gewesen sein, damit das möglich ist. In diesem Fall würde diese Dreijahresfrist neu zu laufen beginnen», erklärt David Rüetschi, Vorsteher des Eidgenössischen Amtes für Zivilstandswesen.
Das spielt vor allem im Fall einer erleichterten Einbürgerung eine Rolle.
Auch für die Rentenberechnung oder den Fall einer Scheidung ist es von Bedeutung, ob die Jahre in der eingetragenen Partnerschaft angerechnet werden. Hingegen ermöglicht eine Trauung im Gegensatz zur Umwandlung Paaren, den Namen neu zu bestimmen.
Klare Gesetzeslücke
Wie ist das möglich, dass nach der langen Vorbereitung auf die Ehe für alle jetzt offene Fragen auftauchen? Hier liege eine Gesetzeslücke vor, räumt Rüetschi ein: «Man hat diesen Fall nicht explizit geregelt. Für die Betroffenen ist das natürlich unbefriedigend, weil da allenfalls eine grosse Rechtsunsicherheit in einem wichtigen Punkt entstehen kann.»
Für die Betroffenen ist das natürlich unbefriedigend, weil da eine grosse Rechtsunsicherheit in einem wichtigen Punkt entstehen kann.
Die rund 10'000 Paare in der Schweiz mit eingetragener Partnerschaft müssen sich also gut überlegen, welchen Weg in die Ehe sie wählen. Das Eidgenössische Amt für Zivilstandswesen empfiehlt all den Paaren, die sich etwa um eine erleichterte Einbürgerung bemühen, auf Nummer sicher zu gehen und eine Umwandlung zu wählen statt eine richtige Trauung.