Die besondere Situation rund um Corona beschäftigt die Schweiz. Beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) sind deshalb viele Fachleute mit Corona-Fragen besetzt. Verschiedene Pannen haben dem grossen Bundesamt Kritik eingetragen. Die neue BAG-Chefin muss Ruhe hereinbringen, denn das Virus wird uns alle noch weiter beschäftigen.
Die Coronakrise hat in drei Punkten Handlungsbedarf offenbart:
1. Digitalisierung
Dass es in der Schweiz bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen vorwärtsgehen muss, ist bekannt. Das BAG hat im Frühling seine Kräfte in der Abteilung Digitale Transformation gebündelt. Ein erster Schritt, doch weitere müssen folgen – im ganzen Gesundheitswesen. Immerhin: Die Coronakrise hat gezeigt, wie wichtig rasches und einheitliches Kommunizieren wäre – gerade bei Daten. Das wird den Prozess beschleunigen.
2. Medizinische Versorgung
Die Spitäler haben während des Lockdowns auf viele Operationen verzichtet, die nicht alle nachgeholt wurden. Das zeigt, dass in der Schweiz zum Teil zu viel operiert wird. Der medizinische Fortschritt und die Gesellschaft, die älter wird, verlangen eine angepasste Versorgung: mehr ambulante Zentren, andere Angebote von Arztpraxen, Spitälern und Pflege.
Doch bisher bremsen die gegenläufigen Einzelinteressen einen solchen Wandel, verstärkt noch durch die Einnahmeausfälle. Weitere Fragen bei der Finanzierung medizinischer Leistungen sind seit Jahren offen – etwa, wie viel Ärztinnen und Ärzte künftig verdienen, oder wie die Behandlungen in Spital und in Praxen bezahlt werden sollen.
3. Kosten dämpfen
Auch wenn die Prämien aktuell nur moderat steigen, bleiben die Kosten im Gesundheitswesen ein wichtiges Thema. Diverse Massnahmen, um Kosten zu dämpfen, sind in Diskussion:
- Ein erstes Massnahmenpaket ist im Parlament. Darin enthalten sind Ideen wie der Experimentierartikel für innovative Ideen, das Referenz-Preissystem bei patent-abgelaufenen Medikamenten und eine neue Tariforganisation.
- Ein zweites Massnahmenpaket ist in der Vernehmlassung. Darin sind umstrittene Ideen wie die Erstanlaufstelle für Patientinnen und Patienten sowie Vorgaben zur Kostenentwicklung enthalten.
- Zwei Volksinitiativen stehen vor der parlamentarischen Beratung – die Prämienentlastungs-Initiative der SP sowie die Kostenbremse-Initiative der CVP.
Die neue BAG-Direktorin Anne Lévy ist gefordert im föderalistischen Gesundheitswesen. Ihr Handlungsspielraum ist begrenzt, denn das Bundesamt ist politisch geleitet. Es setzt die Strategien des Bundesrates und die Gesetze des Parlamentes um.
Innerhalb dieser Leitplanken liegt der Spielraum. Akzente kann die BAG-Chefin aber durchaus setzen. Etwa, indem sie die richtigen Fachleute aus Verwaltung, Praxis und Politik zusammenbringt und so neue Wege der Entscheidungen sucht.