Zwei Schimpansen sitzen am Tischchen und löffeln eine Suppe: Diese Bilder von «Max und Moritz» sorgten in den 1930er-Jahren für Furore.
Der damalige Oberwärter Carl Stemmler sagte über «seine» Tiere: «Max hat in drei Tagen gelernt, anständig mit dem Löffel zu essen. Moritz hat über einen Monat gebraucht, bis er begriffen hat, dass er den Löffel in der Hand halten muss.»
Der Affe hat aufgeschrien und kam wie ein Teufel vom Baum herunter, blitzschnell.
Was aus heutiger Sicht befremdend wirkt, war bis in die 1960er-Jahre normal: Die Menschenaffen zu «erziehen», sie zu vermenschlichen.
Dazu sagt Historikerin Jennifer Degen: «Die Affen kamen oft als kleine Tiere ohne Mutter in den Zoo. Die Pfleger dachten, sie müssten ihnen etwas beibringen.»
Es sei aber auch darum gegangen, die Tiere im Griff zu haben: «Man hat realisiert, dass die ausgewachsenen Affen gefährlich werden können. Darum hat man im Prinzip die Beziehung immer hierarchisch halten müssen.»
Exemplarisch zeigt sich das in dieser Anekdote: Wärter Carl Stemmler erzählt, wie er «Max und Moritz» dazu brachte, von einem Baum herunterzuklettern. Er schoss ihnen mit der Steinschleuder auf den Hintern. «Der Affe hat aufgeschrien und kam wie ein Teufel vom Baum herunter, blitzschnell.»
Nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Zoo von einem Unterhaltungspark zu einem wissenschaftlichen Unternehmen geworden.
Eine neue Epoche läutete die Geburt von «Goma» ein. 1959 gelang dem Zoo Basel die Weltsensation: Erstmals kam in einem Zoo in Europa ein Gorillaweibchen zur Welt.
«Nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Zoo von einem Unterhaltungspark zu einem wissenschaftlichen Unternehmen geworden. Das Selbstverständnis hat sich geändert. Der Zoo hat neue Aufgaben bekommen», sagt Degen. Je besser die Tiere im Zoo lebten, desto grösser die Erfolge in der Zucht.
Das Ende der «Vermenschlichung» war eingeläutet. Das zeigte sich auch im Bau modernerer Anlagen. Diese orientierten sich mehr an der natürlichen Umgebung der Tiere.
Damals berichtete die Schweizer Filmwochenschau: «Der Basler Zoo im Umbruch: Eine rührige Direktion hat ein grosses Affenhaus entstehen lassen, welches sich stolz das modernste und fortschrittlichsten in ganz Europa nennen kann.»
Das sind Entwicklungen, die in vielen Zoos ähnlich verliefen. Gerade in der Affenhaltung war der «Basler Zolli» zwar führend, sagt der berühmte Zoologe und Tierfotograf Jörg Hess. Aber auch andere Tiergärten, wie zum Beispiel der Zoo Zürich, modernisierten ihre Tierhaltung in vergleichbaren Schritten.
In einem Punkt ist der Wandel in Basel aber nochmals deutlich weitergegangen: 2022 forderte eine kantonale Initiative Grundrechte für Primaten.
Mit Grundrechten hätten wir den Tieren ein menschliches Konstrukt übergestülpt. Das hätte nicht funktioniert.
Das Stimmvolk lehnte die Forderung zwar wuchtig ab, im Zentrum der intensiven Diskussionen stand aber auch die Affenhaltung im «Zolli».
Heute sagt Adrian Baumeyer, Kurator im Basler Zoo, den Menschenaffen gehe es gut. «Mit Grundrechten hätten wir den Tieren ein menschliches Konstrukt übergestülpt. Das hätte nicht funktioniert. Viel wichtiger ist das bereits existierende, strenge Tierschutzgesetz.»
Bleibt die Frage, ob man in ein paar Jahrzehnten mit einer ähnlichen Befremdung auf die heutige Affenhaltung blickt, mit der wir heute auf die Anfangszeit des Zoos schauen. Baumeyer winkt ab: «Ich glaube nicht, dass es das gleiche Ausmass ist. Damals war man quasi im luftleeren Raum, stand vor einem Käfig und musste erst einmal schauen, was die Affen überhaupt fressen.»