Trumps Zollhammer hat Bundesbern besonders hart getroffen. Nun ist der amerikanische Präsident zwar zurückgerudert und hat eine 90-tägige Zollpause verkündet. Vorüber ist der Sturm damit aber nicht.
Während der Atempause dürften die Schweizer Drähte nach Washington heiss laufen. Einen Anfang auf höchster Ebene machte nun Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter. Sie griff zum Telefonhörer, um mit Trump ins Gespräch zu kommen.
Das Telefonat dauerte 25 Minuten und habe in einer «offenen Atmosphäre» stattgefunden, wie der Sprecher des Finanzdepartementes gegenüber SRF erklärt. «Die Bundespräsidentin hat gegenüber dem US-Präsidenten die bedeutsame Rolle von Schweizer Unternehmen und Investitionen in den USA betont», so Pascal Hollenstein.
Das Telefonat dauerte zwar länger als etwa ein typisches Treffen am WEF in Davos, sagt Dominik Meier, Bundeshausredaktor von SRF. «Ein konkretes Ergebnis gab es aber nicht.» Darauf will der Bundesrat nun aber hinarbeiten, indem er die Kontakte mit den USA intensiviert.
Übernächste Woche möchte die Bundespräsidentin auf ihrem Besuch in den USA Trump persönlich treffen. Wirtschaftsminister Guy Parmelin hofft in seiner Rolle als Vizepräsident auf ein Treffen mit seinem amerikanischen Gegenüber J.D. Vance. Zusagen gibt es aber in beiden Fällen noch nicht.
Cassis sucht aktivere Rolle
An seiner heutigen Sitzung hat sich der Bundesrat auch neu aufgestellt im Handelskonflikt: Eine Kerngruppe um Aussenminister Ignazio Cassis kümmert sich künftig um die Beziehungen zu den USA.
«Cassis sucht damit eine aktivere Rolle als bisher», schätzt Meier. So gab es zuletzt Kritik an fehlenden Kontakten zum innersten Zirkel von US-Präsident Trump.
In der neuen Kerngruppe sind das Aussen-, Wirtschafts- und Finanzdepartement vertreten. Die Idee dahinter ist, die verschiedenen Baustellen mit Washington zu koordinieren. Schliesslich gibt es nicht nur Diskussionen über Zölle, sondern etwa auch über Steuern oder die Währungspolitik der Nationalbank.
An seiner Sitzung hat der Bundesrat auch seine Handlungsoptionen gegenüber den USA eruiert. Bekannt ist, dass er vorerst nichts von Gegenzöllen wissen will. Diese sind nach Trumps Ankündigung einer Zollpause ohnehin erst einmal vom Tisch.
Diskutiert werden feste Zusagen über Investitionen der Schweizer Wirtschaft in den USA. Thema seien offenbar auch Schweizer Rüstungskäufe in den USA, so Meier.
Lüchinger wird Sondergesandter
Mit Gabriel Lüchinger hat der Bundesrat zudem einen Sondergesandten für die USA ernannt. Der ehemalige Generalsekretär der SVP habe in der Schweizer Politik ein sehr gutes Standing, sagt Meier. «Er geniesst Vertrauen und Ansehen bis ins linke Lager hinein. Das ist ein grosser Trumpf.»
Lüchinger soll international über ein exzellentes Beziehungsnetz verfügen und auch Kontakte zu Trumps Sicherheitsberater Michael Waltz haben. Diese könnten gegenwärtig Gold wert sein.
Harmonieren die Schweizer Akteure?
Lüchinger soll der Schweiz mehr Gehör in Washington verschaffen. Allerdings ist Lüchinger kein Handelsdiplomat, sondern ein Sicherheitsdiplomat. Und eben diese Handelsdiplomatie ist derzeit fest in der Hand von Staatssekretärin Helene Budliger Artieda.
Sie weilt aktuell bereits zum zweiten Mal seit Trumps Amtsantritt in den USA. Budliger Artieda gelte als «Alpha-Tier», schliesst Meier. «Sie und Lüchinger müssen harmonieren – sonst wird es schwierig.»