Seit heute Mittwoch gilt für viele Produkte, die aus der Schweiz in die USA verkauft werden, eine Zollgebühr von 31 Prozent. Mit diesen Zöllen verstosse die US-Regierung gegen die Regeln der Welthandelsorganisation WTO, sagt Thomas Cottier, emeritierter Professor für internationales Wirtschaftsrecht.
SRF News: Darf die US-Regierung einfach so all diese Zölle erheben?
Thomas Cottier: Ich bin überzeugt, dass diese Zölle rechtswidrig und völlig willkürlich sind. In den USA hat der Kongress, der eigentlich die Hoheit über das Zoll- und Steuerwesen hat, sehr viele Kompetenzen an den Präsidenten delegiert.
Ob es gelingen wird, die hohen Zölle vor den amerikanischen Gerichten zu stoppen, ist fraglich.
Dies passierte ursprünglich in der Absicht, dass der Präsident den Handel liberalisiert. Es wurden aber keine Sicherheiten eingebaut, somit kann der Kongress jetzt nicht eingreifen. Ob es gelingen wird, die hohen Zölle vor den amerikanischen Gerichten zu stoppen, ist fraglich.
Die Welthandelsorganisation WTO wäre ja die Hüterin des Welthandels. Ist sie so geschwächt, dass sie aktuell schlicht nicht in der Lage ist, einzugreifen?
Ja und nein. Die WTO hat ein Streitbeilegungsverfahren. Nehmen wir die Schweiz und die 31 Prozent Zoll: Wenn ich Bundesrat Parmelin wäre, würde ich morgen dort eine Klage gegen die USA einreichen. Es würde dann ein Verfahren durchgeführt, mit der Wirkung, dass die WTO die Rechtswidrigkeit der US-Zollpolitik feststellt. Erst dann wäre es einem Land wie der Schweiz erlaubt, geeignete Gegenmassnahmen anzudrohen und allenfalls zu ergreifen.
Wenn man keine Gegenmassnahmen in Aussicht stellt und androht, steht man mit kurzen Hosen am Verhandlungstisch.
Sie würden der Schweiz empfehlen, diesen Weg über die WTO zu gehen und Gegenmassnahmen anzudrohen?
Für mich ist es eine Frage der Selbstachtung, dass man nicht alles akzeptiert. Ich erwarte, dass die Schweizer Regierung mit vielen anderen Staaten in der WTO zusammen eine Klage gegen die USA einreicht und somit die Grundlage schafft für allfällige Gegenmassnahmen. Auch diese wiederum kann man in Zusammenarbeit mit anderen Ländern entwickeln.
Aktuell setzt der Bundesrat aber auf Verhandlungen und sucht das Gespräch in den USA.
Die Regierung kann sowohl Verhandlungen führen als auch Klage einreichen. Ein Streitbeilegungsverfahren würde die Verhandlungen flankieren und stärken. Denn wenn man keine Gegenmassnahmen in Aussicht stellt und androht, steht man mit kurzen Hosen am Verhandlungstisch. Man muss dann nicht erstaunt sein, wenn man ohne Konzessionen nach Hause kommt.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.