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Handgemenge im Bundeshaus SVP-Nationalräte Aeschi und Graber vor Strafverfolgung geschützt

  • Die Bundesanwaltschaft darf nicht gegen die SVP-Nationalräte Thomas Aeschi und Michael Graber ermitteln.
  • Nach der zuständigen Nationalratskommission hat auch die Rechtskommission des Ständerats (RK-S) letztinstanzlich entschieden, dass die beiden parlamentarische Immunität geniessen.
  • Aeschi und Graber hatten im Juni 2024 Anweisungen von Sicherheitsleuten im Parlamentsgebäude missachtet.

Der Vorfall ereignete sich beim Besuch des ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk im Bundeshaus. SVP-Fraktionschef Aeschi und sein Walliser Partei- und Ratskollege Michael Graber lieferten sich ein Handgemenge mit Bundespolizisten, weil sie entgegen deren Anweisung die Haupttreppe im Bundeshaus benutzen wollten. Aufgrund des Verdachts auf Hinderung einer Amtshandlung reichte die Bundesanwaltschaft im September 2024 ein Gesuch um Prüfung der Aufhebung ihrer Immunität ein. Bei der Behörde war eine Strafanzeige eingegangen.

Die Immunitätskommission des Nationalrates (IK-N) entschied sich bereits Mitte Februar mit einem knappen Mehr gegen die Aufhebung der Immunität. Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats ist gleicher Meinung. Sie hat sich mit 11 zu 1 Stimme bei 1 Enthaltung gegen die Aufhebung der Immunität von Aeschi ausgesprochen und mit 9 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung gegen die Aufhebung der Immunität von Graber.

Damit ist der Fall nun erledigt. Die Immunität von Aeschi und Graber wird nicht aufgehoben, eine Strafverfolgung gegen die beiden ist nicht möglich.

Fall von Andreas Glarner noch offen

Die Rechtskommission des Ständerats (RK-S) hat auch über die Immunität von SVP-Nationalrat Andreas Glarner befunden. Er hatte in sozialen Medien einen islamkritischen Beitrag gepostet. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern ein Gesuch gestellt, um gegen Glarner wegen Verdachts auf Diskriminierung und Aufruf zu Hass ermitteln zu können. Der Immunitätsausschuss des Nationalrats hatte es Ende letzten Jahres abgelehnt, auf das Thema einzutreten. Er war der Ansicht, dass es keinen Zusammenhang mit der Tätigkeit als Parlamentarier gibt und Glarner nicht durch die relative Immunität geschützt sei.

Immunität der Bundesbehörden

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Die Mitglieder von National- und Ständerat sind durch ihre absolute und relative Immunität grundsätzlich vor Strafverfolgung geschützt. Zweck dieser Privilegien ist der Erhalt der Funktionsfähigkeit der Bundesbehörden. Unterschieden wird zwischen der absoluten und der relativen Immunität.

Die Mitglieder der Bundesversammlung geniessen für ihre Äusserungen in den Räten und deren Organen eine absolute Immunität. Sie können für diese Äusserungen weder strafrechtlich noch zivilrechtlich noch disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden. Für strafbare Handlungen mit unmittelbarem Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit und Stellung geniessen Mitglieder der Bundesversammlung eine relative Immunität. Diese schützt vor strafrechtlicher, jedoch nicht vor zivilrechtlicher Verfolgung.

Im Gegensatz zur absoluten Immunität kann die relative Immunität aufgehoben werden. Veranlassen muss das eine Strafverfolgungsbehörde mit einem Gesuch. Die Immunitätskommission des Nationalrats (IK-N) und die Rechtskommission des Ständerats (RK-S) beraten das Gesuch nacheinander. Zuerst ist die Kommission am Zug, der das beschuldigte Ratsmitglied angehört.

Im Gegensatz dazu ist die RK-S nun der Meinung, dass Glarners Äusserungen in Zusammenhang mit seinem Amt als Nationalrat stehen. Mit 8 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung trat die Kommission auf den Antrag auf Aufhebung der Immunität ein. Die Entscheidung über die Aufhebung der Immunität selbst wird in einem zweiten Schritt erfolgen.

Die Kommission des Nationalrats muss nun erneut über das Eintreten auf das Verfahren entscheiden. Bei einer erneuten Ablehnung würde das Eintreten definitiv abgelehnt. In diesem Fall könnte die Strafverfolgungsbehörde ein Verfahren einleiten.

Auch Immunität von Peter Keller bleibt bestehen

Die Immunität von alt SVP-Nationalrat Peter Keller im Zusammenhang mit Untersuchungen wegen einer SVP-Wahlkampagne wird ebenfalls nicht aufgehoben. Die Berner Justiz wollte untersuchen, ob die SVP-Kampagne mit dem Slogan «Neue Normalität?» von 2023 gegen die Antidiskriminierungsnorm verstossen hat. Die Kampagne für die Wahlen im Herbst 2023 prangerte mit dem Slogan «Neue Normalität» kriminelle Handlungen von Asylsuchenden an.

Nach der Immunitätskommission des Nationalrates entschied nun auch die Rechtskommission des Ständerats, dass Kellers Immunität bestehen bleiben soll. Gleich hatten die beiden Parlamentskommissionen im selben Fall schon bezüglich Immunität von SVP-Ständerat Marco Chiesa geurteilt.

SRF 4 News, 25.2.2025, 14 Uhr ; 

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