«Wir machen seit zehn Jahren Workshops, Elternabende und Prävention. Doch wir mussten feststellen: Wir haben das Ziel nicht erreicht. Der Handykonsum ist gestiegen.»
Diese bittere Erkenntnis von Rektor Patrick Meile steht am Anfang eines Versuchs, der seit diesem Schuljahr an der Kantonsschule Sarnen läuft. Die Schule bekam den Umgang mit dem Handy nicht in den Griff – Regeln mussten her.
Neu darf das Handy auf dem Schulareal nicht mehr benutzt werden. Die Schule verzichtet zwar darauf, die Telefone einzuziehen, diese müssen aber in der Tasche bleiben.
Was die Regel der Obwaldner Schule speziell macht: Es ist kein stures Verbot. Die Schulleitung bietet gleichzeitig Alternativen, wie die Schülerinnen und Schüler die Pausen verbringen können. So stehen im Eingangsbereich mehrere Tischtennis-Tische, ein Billardtisch, ein Töggelikasten und eine Dartsscheibe – alles frei und kostenlos benutzbar.
Pausen laufen nun anders ab
Handy weg – für die Schülerinnen und Schüler war dies kein einfacher Entscheid. «Ich habe das Handy viel gebraucht», sagt Emilian Jebens (14) aus Kerns. «Wir haben einfach immer gespielt: in der 5-Minuten-Pause, in der grossen Pause und über den Mittag.»
Seither laufen die Pausen anders ab: «Neu spielen wir über den Mittag Pingpong, wir reden zusammen und essen ein Schoggibrötli.»
Das erste Fazit bei Schülerinnen und Schülern fällt positiv aus. Jael Nyffenegger aus Sarnen sagt: «Wenn ich die Schule betrete, merke ich einen Unterschied. Es ist lauter und fröhlicher. Die Energie ist gut und ich bewege mich mehr.»
Ich merke, dass ich mehr Kontakte und Freundschaften zu Schülerinnen aus der Parallelklasse habe.
Auch Ailin Gyr (13) hat den Anfangsfrust abgelegt: «Zuerst war ich enttäuscht, da ich immer mal wieder mit meinen Eltern schreibe, ob sie mich abholen kommen sollen oder nicht. Aber nun finde ich den Entscheid gut. Ich merke etwa, dass ich seitdem mehr Kontakt und Freundschaften aus der Parallelklasse habe.»
Es gibt Schüler, die bereits um 7 Uhr in die Schule kommen, um noch eine Runde spielen zu können.
Entwicklungen, die auch Rektor Patrick Meile feststellt. «Das Angebot hat eingeschlagen wie eine Bombe. Es gibt Schüler, die am Morgen extra bereits um 7 Uhr in die Schule kommen, um noch eine Runde spielen zu können.»
Umdenken hat stattgefunden
Überhaupt habe beim Thema Handyverbot beim Lehrpersonal und den Eltern ein Umdenken stattgefunden. Noch vor fünf Jahren wäre so eine Regel nicht durchgekommen, ist Englischlehrer Beat Lehmann überzeugt.
Mittlerweile gebe es allerdings mehrere Studien, die einen positiven Einfluss auf die schulischen Leistungen zeigen.
«Früher sind die Kinder in jeder Pause gleich in die Welt der Videos und Chats abgetaucht. Mein Verdacht ist schon, dass dann der Stoff, den man gerade durchgenommen hat, gleich wieder weg ist. Übertüncht von den Videos», sagt Lehmann.
Schulhaus putzen als Strafe
Trotz vieler positiver Signale: Herausforderungen bleiben. Ganz alle Jugendlichen erreiche die Schule mit den neuen Angeboten nicht. Zu Beginn sind Rektor Patrick Meile immer wieder Schüler gemeldet worden, die sich nicht ans Verbot hielten. Die Schulleitung habe diese dann zum Schulhaus putzen am Samstagvormittag eingeladen. «Das hat genützt», so Meile.
Wichtig sei auch, dass die gemachten Erfahrungen nun ausgewertet werden und Anpassungen möglich sind. So seien zum Beispiel spezielle Regeln für den Mittag denkbar. Hier hätten sich viele Schülerinnen und Schüler beklagt. Es sei nicht fair, dass jene Kinder, die nach Hause gehen, am Mittag das Handy benützen dürfen. Jene, die an der Schule essen müssen, aber nicht.