Der Krieg in der Ukraine hat zu grossen Migrationsbewegungen geführt. Auch das Schweizerische Rote Kreuz hilft. Hilfsgüter beispielsweise werden aus dem Logistikzentrum in Budapest dorthin verteilt, wo sie gebraucht werden. Thomas Büeler erklärt die Logistik dahinter und welche Güter dringend benötigt sind. Er leitet das Logistikzentrum des Schweizerischen Roten Kreuzes.
SRF News: Welche Güter verteilen Sie zurzeit?
Thomas Büeler: Im Moment laufen vor allem Hilfsaktionen mit Gütern wie Decken, Schlafmatten, Einsatzbetten. Wir verteilen auch Erste Hilfe, Nothilfe-Pakete. In den nächsten Tagen ist in der Region kaltes Wetter angesagt. Wir bringen Güter, die Schutz bieten vor den Wetterbedingungen. Man weiss, dass die Behausung ein Problem wird, vor allem in Lwiw. Die Gasversorgung und die Grundversorgung werden immer schlechter, weil langsam die Reserven ausgehen. Vor Ort wird auch eingekaufte Nahrung abgegeben.
Für uns wäre sicher die Geldspende die effizienteste Spende.
Wie muss man sich so ein Logistikzentrum vorstellen?
Wir haben über die ganze Region drei grosse Logistikzentren aufgebaut, um die unsortierten Güter über einen längeren Zeitraum zu sortieren und zu schauen, was noch brauchbar ist. Ein viertes wird dazukommen.
Die Rede ist immer wieder von ukrainischen Städten, die von der Aussenwelt und von humanitären Korridoren abgeschnitten sind. Können Sie in solch gefährlichen Gebieten überhaupt helfen?
Das ist möglich. Man muss sicher mit allen Partnern in den Dialog kommen und von allen Partnern die Zusagen haben, dass diese Korridore freigemacht und auch akzeptiert werden. Es gestaltet sich im Moment extrem schwierig, weil die Situation extrem unvorhersehbar ist.
Man liest immer wieder, dass Geld am meisten nützen würde. Wie sehen Sie das?
Ja, das ist sicherlich tatsächlich so. Geld ist extrem vielseitig. Und die Bedürfnisse der Menschen sind im Moment extrem vielseitig. Da sind zum Beispiel Unterstützungen von Privatpersonen, die Menschen bei sich aufnehmen. Es gibt Bedürfnisse in der Gesundheit, Kleider, Essen. Geld ist extrem lange haltbar, was bei den meisten Gütern nicht so ist.
Leider wissen wir aus Erfahrung, dass ein grosser Teil nicht an die Bedürftigen weitergeleitet werden kann.
Die Güter bedeuten auch immer einen Riesenaufwand, vor allem wenn es nicht gross angelegte Güter von einem Grosshändler sind, die sehr einfach zu konfektionieren sind. Leider wissen wir aus Erfahrung, dass ein grosser Teil nicht an die Bedürftigen weitergeleitet werden kann.
Was geschieht dann mit diesen Dingen?
Sie werden sehr oft wieder in den Markt zurückgeführt oder recycelt. Man versucht, die Güter wieder in die Wertschöpfungskette zurückzuführen. Aber ein Teil muss vernichtet werden. Das wollen wir um jeden Preis verhindern. Natürlich versucht man, immer so viel wie möglich bereitzustellen, um das über einen längeren Zeitraum an die Menschen zu bringen. Aber es bedeutet ein Riesenaufwand. Ich habe im Moment einen Kostenpunkt, wonach der ganze Aufwand um eine Million kosten wird.
Ich bin in der Schweiz und möchte helfen. Was soll ich tun?
Für uns wäre sicher die Geldspende die effizienteste Spende, weil wir sehr konzentriert einkaufen können. Wir können auch die lokale Marktstruktur weiterhin stärken. Wenn wir mit zu viel Gütern kommen, können wir oft eher Schaden anrichten als Gutes tun. Ansonsten müsste man wirklich schauen, dass schon vorkonfektionierte Güter in grossen Mengen mit möglichst extrem langer Haltbarkeit palettenweise oder LKW-weise zur Verfügung gestellt.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.