In Sous-Géronde hängen Staub, Lärm und Gestank in der Luft. Notstromgeneratoren dröhnen, Bagger schaufeln Schlamm weg, Gabelstapler transportieren Betonblöcke auf den Rhone-Damm. Feuerwehrleute, Putzequipen und Zivilschützer aus der ganzen Romandie packen an.
Das Quartier Sous-Géronde mit den Aluminiumwerken, mit dem Technopôle und der ehemaligen Arbeitersiedlung der Alusuisse liegt – von der Stadt Sierre/Siders abgetrennt durch einen Hügel – am Ufer der Rhone. Die Hochwasser vom vergangenen Wochenende haben das Quartier und die Industriewerke überflutet, 300 Personen wurden notfallmässig evakuiert.
Ich sorge mich auch um die Zukunft unserer Aluminiumindustrie.
Mittlerweile ist das Wasser abgeflossen und die Schäden begutachtet: 140 Menschen werden nie mehr in ihre Häuser zurückkehren können.
«Ich bin dankbar, dass das Hochwasser keine Menschenleben gefordert hat», betonte Stadtpräsident Pierre Berthod am Freitag, als er in Sous-Géronde vor Anwohnern und Medien die Evakuation des Quartiers ankünden musste. «Aber es ist hart zu sehen, dass das Hochwasser vielen Menschen ihr Zuhause genommen hat. Und ich sorge mich auch um die Zukunft unserer Aluminiumindustrie.»
Fehlende Hochwasserschutzmassnahmen
Seit über hundert Jahren wird in Siders und Chippis Aluminium hergestellt und verarbeitet; die Aluwerke bauten für ihren hohen Strombedarf das erste Wasserkraftwerk im Kanton Wallis. «2000 Arbeitsplätze hängen an den Aluwerken von Novelis und Constellium. Dazu ungezählte weitere bei Zulieferern und Kunden der Unternehmen. Die Aluminiumindustrie ist das Herz unserer Wirtschaft», erklärt Stadtpräsident Berthod und warnt: «Wenn die Unternehmen in unserer Region keine Sicherheit mehr haben, dann werden sie mittelfristig anderswo investieren!»
Berthod ist verärgert darüber, dass die versprochenen Hochwasserschutzmassnahmen immer noch nicht umgesetzt worden sind: «Man müsste die Brücken zwischen Chippis und Siders erhöhen, damit sich das Schwemmholz nicht mehr darunter staut. Und dann muss endlich die dritte Etappe der Rhonekorrektion umgesetzt werden.» Diese soll dem Fluss mehr Platz geben, um die Hochwasserspitzen zu brechen.
Gefährdete Aluminiumindustrie
Unternehmen könnten wegziehen, wenn ihre Standorte zunehmend gefährdet seien, befürchtet auch Vincent Riesen, Direktor der Walliser Handels- und Industriekammer: «Ein internationaler Konzern wird sich zweimal überlegen, ob er künftig Investitionen im Wallis tätigt. Die Schweiz ist als Produktionsstandort zwar teuer, aber sie bietet Sicherheit – politisch, wirtschaftlich und auch ökologisch. Bisher …»
Zumindest was das Aluminiumwerk von Novelis in Siders betrifft, zeigt sich dessen Direktor Serge Gaudin vorsichtig optimistisch: «Die Konzernspitze in den USA unterstützt uns sehr. Wir haben keine Signale, dass Novelis nicht am Standort Siders festhalten möchte.»
Doch auch er betont: Die Hochwasserfrage müsse nun rasch angegangen werden.