Für Jugendliche und Kinder mit Depressionen, Ängsten oder anderen psychischen Erkrankungen fehlen schweizweit Therapieplätze. Während der Pandemie hat sich diese Situation verschärft: Psychische Probleme bei Jüngeren haben zugenommen. Dies hat zu überlasteten Kliniken und monatelangen Wartezeiten geführt.
Der Kanton Zürich investiert deshalb Millionen in den Ausbau von Angeboten. 1.3 Millionen Franken fliessen in eine neue Therapieform: Statt in einer Klinik betreuen Psychiaterinnen schwer erkrankte Kinder und Jugendliche in den eigenen vier Wänden. «Wir bieten ihnen zu Hause eine intensive Therapie an», sagt Susanne Walitza von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Die Fachleute kommen mehrere Stunden pro Tag in die Familien.
Ein solches «Home Treatment» gibt es bereits in anderen Kantonen wie im Aargau. Der Vorteil: Die Hemmschwelle für eine Therapie ist geringer. Gleichzeitig werden die Kliniken entlastet. «So können wir verhindern, dass sich Jugendliche auf Erwachsenenstationen aufhalten müssen», sagt Walitza.
Kliniken trotz Ausbau stark ausgelastet
Nutzen können das Angebot junge Patienten statt einer stationären Behandlung. Nächstes Jahr soll die «Klinik zu Hause» starten.
Es ist nicht der erste Ausbau der Kinder- und Jugendpsychiatrie: Schon dieses Jahr hat der Kanton Zürich, wie andere auch, zusätzliche Therapieplätze geschaffen. Erst kürzlich hat ein neues Zentrum für Jugendliche in akuten Krisen seine Türen geöffnet.
«Dank solcher Massnahmen mussten weniger Jugendliche auf der Erwachsenenstation behandelt werden», sagt die Zürcher SVP-Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli.
Doch die Belastung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie bleibt weiterhin hoch. «Wir sind in einer Phase von Dauerstress und Krisen», sagt Susanne Walitza von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.
Seit Jahren mehr Notfälle
Dass auch schweizweit Kliniken weiter gefordert sind, bestätigt Daniel Frey. Er ist im Vorstand der Organisation Public Health Schweiz, wo er eine Fachgruppe für Kinder- und Jugendgesundheit leitet.
«Notfälle wegen Suizidalität, Essstörungen oder Selbstverletzungen haben den letzten zehn Jahren kontinuierlich zugenommen», sagt Frey. «Eine Entspannung hat nicht stattgefunden.»
Psychische Erkrankungen beginnen hauptsächlich im Jugendalter.
Frey begrüsst deshalb, dass Kantone wie Zürich ihr Angebot für Kinder und Jugendliche ausbauen. Eine frühe Therapie sei wichtig. «Denn psychische Erkrankungen beginnen hauptsächlich im Jugendalter. Ein Teil davon setzt sich später bis ins Erwachsenenalter fort.»
Dies führe zu zahlreichen Arbeitsausfällen oder Frühpensionierungen aufgrund von Depressionen. «Die Kosten steigen dadurch enorm», sagt Frey. «Es besteht daher ein grosses öffentliches Interesse, psychische Erkrankungen früh zu behandeln.»