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Stephan Jakob, Inselspital: «Es wird sicher eine Triage geben»
Aus News-Clip vom 30.11.2021.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 44 Sekunden.

Hospitalisierungen steigen Chefarzt der Intensivstation: «Es ist ein Albtraum»

Weisser Kittel, blaue Maske: Chefarzt Stephan Jakob steht mitten in der Intensivstation des Berner Inselspitals. Aktuell seien 27 von 28 Intensivpflegebetten belegt, vier davon mit Covid-Patientinnen und Patienten – alle in Lebensgefahr:

«Alle vier werden beatmet, einer ist an der künstlichen Lunge.» Sie seien 40 bis 75 Jahre alt. Erst am vergangenen Wochenende sei ein Patient auf der Station verstorben: an einem Hirnschlag, ausgelöst durch Covid-19, berichtet Jakob im Interview mit der SRF-Sendung «Club». 

Alle Covid-Patienten ungeimpft

Auf der Intensivstation des Inselspitals lägen ausschliesslich ungeimpfte Personen, sagt Jakob. Er habe zwei, drei Fälle erlebt von Geimpften mit einem sehr eingeschränkten Immunsystem, deren Körper nicht in der Lage waren, Antikörper aufzubauen und gegen das Virus anzukämpfen. Diesen Patienten habe man helfen können, indem man die Antikörper per Infusion verabreicht habe.

Manche sind länger krankgeschrieben, weil sie nach diesen schweren 21 Monaten so erschöpft sind.
Autor: Stephan Jakob Chefarzt

«Eigentlich hätten wir 36 zertifizierte IPS-Betten. Aktuell können wir 28 betreiben, nächsten Monat noch 26», sagt Chefarzt und Klinikdirektor Stephan Jakob. Grund sei der Personalmangel: «Viele haben gekündigt. Manche sind länger krankgeschrieben, weil sie nach diesen schweren 21 Monaten so erschöpft sind.»

Früher habe man krankgeschriebenes Personal mit Ärzten und Pflegenden ersetzen können, die in ihrer Freizeit eingesprungen seien: «Aber jetzt sind sie schon im Alltag dermassen ausgelastet, dass sie einfach nicht mehr einspringen können.»

Das führe dazu, dass man bei einem Krankheitsfall beim Personal auf ein weiteres IPS-Bett verzichten müsse. Denn sein Team könne auch nicht mehr auf die Unterstützung von Freiwilligen, Pensionierten und Medizinstudierenden zählen, wie noch in der ersten Welle. «Damals hatten wir eine Liste von 1000 Personen. Jetzt ist sie bei null.» 

«Triage wird kommen»

Auf die Frage, ob es denn zu einer Triage kommen werde, sagt Jakob klar: «Es wird ganz sicher eine Triage geben.» Und er warnt: Als die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) die Richtlinien für die Triage erlassen hätten, seien sie davon ausgegangen, dass man beispielsweise für zwölf Patientinnen und Patienten zehn Betten zur Verfügung haben werde – und  dann entscheiden müsse, welche zwei Personen keinen Platz auf der Intensivstation erhielten.

«Wenn jetzt noch einmal eine Welle kommt, werden wir aber eher in der Situation sein, dass wir zehn Patienten für zwei Betten haben», sagt Jakob.

Triage: medizinische Dringlichkeit einstufen

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Grundsätzlich werden auf einer Intensivstation alle Patientinnen und Patienten aufgenommen, die eine intensivmedizinische Behandlung benötigen. Wenn allerdings aufgrund einer Notstandsituation zu wenig personelle oder materielle Ressourcen zur Verfügung stehen, um eine grosse Anzahl schwerstkranker Personen zu betreuen, muss entschieden werden, welche Personen Priorität haben.

Diese Entscheide sind für das medizinische Personal sehr belastend. Deshalb haben die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) im März 2020 neue Richtlinien für diese Situation herausgegeben. Seit seiner Veröffentlichung wurde das Dokument mehrfach überarbeitet. Auf seiner Webseite stellt die SAMW ein FAQ (Häufige Fragen und Antworten) für Laien zur Verfügung.

Mehr Impfungen oder drastische Massnahmen

Für Stephan Jakob steht fest: Den Betrieb so hochzufahren, wie man es bei der letzten Infektionswelle getan habe, sei aus personellen Gründen nicht mehr möglich – auch wenn sein Team immer noch hoch motiviert sei.

Wir müssen jetzt alle Formen von Lockdown diskutieren.
Autor: Stephan Jakob Chefarzt Inselspital

Die Situation sei schlimmer denn je: «Es ist ein Albtraum.» Um die Fallzahlen zu senken, müssten sich entweder noch mehr Menschen impfen lassen oder man müsse drastische Massnahmen ergreifen: «Wir müssen jetzt alle Formen von Lockdown diskutieren.»

Community-Aufruf «Rundschau»

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Die Corona-Krise erlebt jede Person anders. Die unterschiedlichen Meinungen spalten und belasten Paare, Freundschaften und ganze Familien. Es gibt Streit, Konflikte – aber auch Annäherungsversuche und Lösungsansätze. Die «Rundschau» sucht Familien, die solche Konflikte erlebt haben oder Personen, die diese aus dem engeren Umfeld kennen. Sind Sie bereit, Ihre Erfahrungen zu teilen? Dann melden Sie sich gerne unter thomas.vogel@srf.ch.

Club, 30.11.2021, 22:25 Uhr

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