Hotlabor heisst das «gefährlichste» Labor der Schweiz. Hier wird seit 60 Jahren radioaktives Material untersucht, darunter Brennstäbe aus Atomkraftwerken. Das radioaktive Material liegt aber nicht auf Tischen, sondern ist aus Sicherheitsgründen hinter dickem Glas und Wänden, in sogenannten heissen Zellen, sicher abgeschirmt. Wie arbeitet man hier drin und was wird geforscht? Ein Einblick.
Das Hotlabor befindet sich beim Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen AG. Angefangen hat alles 1955: An der ersten Atomenergie-Konferenz in Genf tauschten sich über tausend Forschende zwei Wochen lang aus.
Man wollte Atomenergie «friedlich» nutzen können, und am PSI begann man die Forschung aufzugleisen. 1963 war das Hotlabor fertig gebaut, 1964 wurde der Betrieb bewilligt.
Heute arbeiten um die 35 Forscherinnen und Forscher hinter meterdicken Beton- und Bleiwänden. Nur über Sicherheitsschleusen und mit Schutzanzug ist das Labor betretbar. «Ich finds das sicherste Labor der Schweiz. Aber klar, wir sind das einzige Labor, das verstrahlte Brennstäbe untersucht», sagt Marco Streit, Leiter der Abteilung Hotlabor am PSI
Beton und Blei gegen Strahlung
Die dicken Wände sind nur ein Sekundärschutz. Das eigentlich radioaktive Material wird in sogenannten heissen Zellen hinter weiteren 1.5 Meter dicken Betonwänden bearbeitet.
«In diese heissen Zellen werden die teilweise vier Meter langen Brennstäbe über ein Schleusensystem angeliefert, untersucht, zerkleinert und für weitere Analysen in die kleineren bleiabgeschirmten Zellen überführt», sagt Marco Streit vom Hotlabor. In die Hotzellen sieht man nur durch kleine Fenster, die ebenfalls wieder durch dickes Bleiglas abgeschirmt sind.
Brennstäbe analysieren
Das Material wird mit mechanischen Greifarmen bearbeitet. Wegen der hohen Strahlung kann man nicht einfach Roboterarme verwenden, wie es sie in der Medizin gibt. Diese müssten aufwendig und enorm isoliert werden, damit sie der Strahlung standhalten.
Die Forschenden sehen im Labor zum Beispiel, ob das radioaktive Material oder die Hüllrohre, die die Brennstäbe umgeben, während ihres Betriebs im Kernkraftwerk Schaden genommen haben. Gemäss dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI weist ein verschwindend kleiner Teil von Brennstäben in Schweizer Atomkraftwerken Schäden auf.
Für Menschen ist das Innere dieser Hotzellen lebensgefährlich. Würde man da reingehen, wird der Körper innerlich «gekocht» und wenig später stirbt man. Deshalb braucht es hohe Sicherheitsvorkehrungen.
Braucht es das Labor auch ohne AKW weiterhin?
Das PSI findet, das Schweizer Labor sei nach wie vor nötig. Lüftungsteile seien in die Jahre gekommen und müssten ersetzt werden. «Das Hotlabor mit seinen modernen Analysemethoden und seiner komplexen Infrastruktur bietet in der Schweiz einzigartige Bedingungen, um hoch radioaktive Werkstoffe sicher und ausführlich zu untersuchen», sagen die Verantwortlichen.
Noch aber ist die Zukunft des Labors nicht geklärt. Es kommt darauf an, wie und ob es mit der Schweizer Kerntechnik weitergeht. «Solange die Kernkraftwerke in der Schweiz in Betrieb sind, wird es auch ein Hotlabor geben – dies nur schon aus Sicherheitsgründen», glaub Marco Streit vom PSI. Auch beim Rückbau von AKW oder der Endlagerung von radioaktivem Material könne das Labor helfen, gefährliche Stoffe zu untersuchen.