Bevor Bundesrätin Viola Amherd gestern ganz am Schluss ihrer Medienkonferenz den Rücktritt auf Ende März erklärte, stellte die Verteidigungsministerin die Einführung eines obligatorischen Armee- und Zivilschutz-Orientierungstags für Frauen vor. Dokumente, die SRF vorliegen, zeigen: Es war anders geplant. Verteidigungsministerin Viola Amherd musste an der ersten Bundesratssitzung im neuen Jahr eine Niederlage einstecken.
Amherd wollte neues Dienstpflichtmodell
Amherd wollte das sogenannte Sicherheitsdienstpflicht-Modell einführen. Dazu würde der Zivilschutz und der Zivildienst zu einer neuen Katastrophenschutz-Organisation fusioniert. So sollen vor allem die Personalprobleme des Zivilschutzes gelöst werden. Sie beantragte dem Bundesrat, «eine Vernehmlassungsvorlage zur Umsetzung der Sicherheitsdienstpflicht (…) vorzulegen», wie die internen Dokumente zeigen.
Doch es gab massive Kritik an Amherds Plänen, gleich aus vier Departementen. Kritisch war das Aussendepartement von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis, wie das VBS in einer Zusammenfassung festhält: «Das EDA lehnt beide Varianten aufgrund der zu hohen Kosten und der nicht gesicherten Wirkung auf die Alimentierung ab».
Auch das Justizdepartement von SP-Bundesrat Beat Jans äusserte Bedenken: «Das EJPD äussert sich kritisch, weil (…) die Leistungen des zivilen Ersatzdienstes zurückgehen».
Das Wirtschaftsdepartement von SVP-Bundesrat Guy Parmelin forderte sogar die Überarbeitung des Berichts, und das Finanzdepartement von FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter war ebenfalls ablehnend: «Für das EFD ist das Zielbild des Katastrophenschutzes nicht ausreichend, um den Bedarf an Diensttagen zu begründen. Auch müssen die Kosten gekürzt werden».
Die Kritik war so massiv, dass die Einführung eines Sicherheitsdienst-Modells auf die lange Bank geschoben wird. Erst Ende 2027 soll das weitere Vorgehen besprochen werden.
Wird Amherd bewusst geschadet?
Die Luzerner Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger, Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats, gilt als eine der Unterstützerinnen von Viola Amherd. Gmür-Schönenberger ärgert sich, dass diese Dokumente in die Öffentlichkeit kommen: «Dieses Leak zeigt wieder, dass man Viola Amherd bewusst schaden will.»
Dass Amherd im Gesamtbundesrat ausgebremst wurde, ist für Politbeobachter Michael Hermann von der Forschungsstelle Sotomo symptomatisch. «Früher waren die Mitte-Bundesräte oft die Mehrheitsmacher in der Landesregierung», erklärt Hermann. Aber seit FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter und SVP-Bundesrat Albert Rösti die starken Figuren im 7er-Gremium seien, gäbe es einen klareren Machtanspruch der FDP- und SVP-Mehrheit.
Dass sich Viola Amherd oft nicht durchsetzen konnte, hat laut Hermann aber auch mit ihrer Persönlichkeit zu tun. «Amherd ist eher integrierend und moderierend.» Sie habe sich oft auch zurückgenommen.
«Egal, ob isoliert oder nicht»
Vieles, das Amherd wichtig war, konnte sie in der Landesregierung nicht durchsetzen. So scheiterte ein Spezialfonds zur Finanzierung der Armee. Oder auch die Weitergabe von Waffen an die Ukraine.
«Man hat Viola Amherd offensichtlich den Erfolg, den sie im VBS hatte, nicht gegönnt», sagt Andrea Gmür-Schönenberger. Amherd aber habe immer nur für die Sicherheit des Landes gekämpft. «Es war ihr egal, ob sie isoliert war oder nicht.»