Es steht ausser Frage: Ob Milchprodukte, Strom oder Reisen – vieles ist in den letzten Monaten teurer geworden. Dabei stellt sich die Frage, ob manche Firmen übermässig von den höheren Preisen profitieren.
In der Tat sei das der Fall, sagt Preisüberwacher Stefan Meierhans. Er beobachtet eine «Gierflation». Die Preise würden teilweise über die Kostensteigerungen hinaus angehoben, um die Marge zu verbessern. «Das haben verschiedene Untersuchungen gezeigt. Auch die UBS hat entsprechende Aussagen gemacht.»
Detailhandel wehrt sich
Meierhans stützt sich unter anderem auf eine Studie von Deloitte. Dafür hat die Wirtschaftsprüffirma mehr als hundert Finanzchefs von Firmen aus verschiedenen Bereichen befragt. «Deloitte ist zum Schluss gekommen, dass ungeachtet der Branche in vielen Bereichen die Gunst der Stunde genutzt wurde, um die Preise anzuheben», so der Preisüberwacher.
Die Schweiz hat glücklicherweise eine tiefere Inflationsrate als andere Länder – doch gewisse Preise müssen deshalb erhöht werden.
Dieser Vorwurf stimme nicht, entgegnet Christa Markwalder, Präsidentin der Swiss Retail Federation, dem Verband der Detailhändler. Sie finde es problematisch, wenn der Preisüberwacher die gesamte Wirtschaft quasi in Generalverdacht nehme, sagt Markwalder.
«Die Schweiz hat glücklicherweise eine tiefere Inflationsrate als andere Länder – doch gewisse Preise müssen deshalb erhöht werden.» Dabei sei es unfair, wenn man einfach die Wirtschaft verdächtige, die Preise unrechtmässig zu überhöhen.
Migros und Coop weisen Behauptung zurück
Auch Migros und Coop wehren sich: «Diese Behauptung ist haltlos. Wir weisen sie zurück. 2022 hat Coop Mehrkosten im Umfang von 250 Millionen Franken selber getragen und nicht an ihre Kundinnen und Kunden weitergegeben», heisst es von Coop.
Und die Migros schreibt: «Der Preisüberwacher konnte trotz umfangreicher Untersuchung nicht belegen, dass die Migros höhere Margen berechnet.»
Die Gewinnmargen im Detailhandel seien «ausgesprochen dünn», schreibt die Migros weiter. «2022 lag jene der Migros-Gruppe gerade mal bei 1.5 Prozent. Einen grossen Teil der Teuerung haben wir selber getragen.»
Der Preisüberwacher will dies nun unter die Lupe nehmen. Er habe eine Voruntersuchung zu den Margen im Biolebensmittelbereich gemacht. «Und das werde ich jetzt ausdehnen auf den gesamten Detailhandel», kündigt Meierhans an.
Teuerung betrug 2.8 Prozent im letzten Jahr
Unbestritten ist, dass die Teuerung vor allem im vergangenen Jahr auch in der Schweiz stark angestiegen ist. Gemäss dem Landesindex der Konsumentenpreise lag die Jahresteuerung in den Jahren davor immer unter einem Prozent.
2022 betrug sie jedoch 2.8 Prozent. Verglichen mit dem EU-Raum ist das tief. Dort stiegen die Konsumentenpreise um saftige zehn Prozent.
Meierhans beruft Gipfel ein
Alles bloss heisse Luft? Nicht ganz. Besonders gross sind die Preisanstiege, wenn man sich einzelne Produkte herauspickt: Der Luftverkehr ist um 35 Prozent teurer geworden, der Strom um 25 Prozent, Butter und Fette um 20 Prozent, die Heizkosten stiegen im Schnitt um 16 Prozent. Bei einigen Produktsparten sind die Preise allerdings auch zurückgegangen.
Trotzdem besteht für Preisüberwacher Meierhans Handlungsbedarf. Für September hat er die Konsumentenorganisationen zu einem «Kaufkraft-Gipfel» eingeladen. Er erhofft sich davon, gemeinsam mit diesen den Firmen bei deren Margen künftig besser auf die Finger schauen zu können.