Der Bundesrat hat die Massnahmen verschärft, obwohl die Fallzahlen eine Entspannung zeigen. Er begründet das mit der Verbreitung der Virusmutation, welche die Fallzahlen in England in die Höhe treibt. Die getroffenen Massnahmen seien im Sinne der Taskforce, sagt Monika Bütler.
SRF News: Frau Bütler, wie viel Mal haben Sie sich in den letzten Monaten über den Bundesrat geärgert?
Monika Bütler: (Lange Pause) Ich habe mich gar nie geärgert.
Ihre lange Pause hat Sie verraten. Ich glaube Ihnen das nicht.
Natürlich hätte man sich manchmal ein anderes Resultat gewünscht. Aber mir ist klar, wie gross die Verantwortung des Bundesrates ist und wie schwierig die Entscheidungen zu treffen sind.
Aber mit den Entscheidungen des Bundesrates von gestern sind Sie zufrieden?
Die Entscheidung, dass man jetzt vorsorgliche Massnahmen trifft, um eine schwierigere Situation zu vermeiden, ist ganz im Sinne der Taskforce.
Gemäss NZZ kostet das, was der Bundesrat beschlossen hat, pro Monat drei bis fünf Milliarden Franken. Das muss Ihnen als Ökonomin einen Stich ins Herz geben.
Nein, an diese Zahlen haben wir uns gewöhnt. Wir sind zu den gleichen Schätzungen gekommen. Die Frage ist: Was wäre, wenn die Massnahmen nicht getroffen würden? Kurzfristig hätten wir tatsächlich weniger Kosten. Aber wenn es zu einer Überlastung des Gesundheitssystems kommt, noch mehr Kranke, noch mehr Tote, wenn eventuell die Schulen geschlossen werden müssten, dann wären die Kosten wahrscheinlich deutlich höher als das, was wir jetzt zu bezahlen haben. Die Welt ohne Massnahmen ist nicht eine Welt ohne Kosten.
Sparen ist ja vor allem dazu da, dass man in Notlagen etwas hat.
Bundesrat Maurer hatte gestern seinen Frust ausgedrückt. Aus den Massnahmen würden Schulden entstehen, welche die Gesellschaft die nächsten 10 bis 15 Jahren belasten würden. Was sagen Sie dazu?
Natürlich sind die Massnahmen teuer – und die Schulden werden ansteigen. Aber wir haben in den letzten 20 Jahren die Schulden stark reduziert, wir haben gespart, und Sparen ist ja vor allem dazu da, dass man in Notlagen etwas hat. Gleichzeitig kann sich die Schweiz zurzeit sehr günstig verschulden, nicht gratis, Schulden sind nie gratis, aber das sind nicht Kosten, die die Wirtschaft stark belasten werden. Wenn wir die Massnahmen nicht treffen würden, dann würden die Schulden genau gleich anfallen, unter Umständen mit einem viel schlechteren Resultat.
Sie haben am Donnerstag am Point de Presse auch darüber gesprochen, was die Menschen brauchen, um psychisch gesund zu bleiben. Was brauchen sie?
Es gibt Umfragen zu diesem Thema. Psychische Probleme treten auf wegen des Lockdowns, aber es treten auch psychische Probleme auf wegen der Pandemie. Es hat sich oft gezeigt, dass nicht in erster Linie materielle Sachen wichtig sind für die Leute, sondern zum Beispiel auch der Blumenladen.
Und deshalb bleibt er offen?
Das weiss ich nicht. Die Entscheide trifft der Bundesrat.
Das Gespräch führte Urs Leuthard.