Indem der Bundesrat auf den F-35 wettet, setzt die Landesregierung auf die politisch heikelste Karte unter den Kampfjet-Typen. Mit dieser Wahl ist eine weitere Abstimmung garantiert. Nach dem sehr knappen Ja im letzten Herbst zum Kampfjet-Kauf ist ein Volksnein wahrscheinlich, da auch Kampfjetbefürworter und -befürworterinnen, die den F-35 als die falsche Wahl ansehen, ins Nein-Lager wechseln dürften.
Damit steht der Kampfjet-Kauf wieder infrage. Zwar ist es wenig wahrscheinlich, dass die Initiative auch das Ständemehr erreicht, aber einen Milliarden-Rüstungsdeal gegen eine Mehrheit der Bevölkerung durchzuziehen, ist politisch schwierig. Und mit dieser Wahl verärgert der Bundesrat die Nachbarländer ausgerechnet in einem europapolitisch heiklen Moment.
Kriterien engten Bundesrat stark ein
Seltsamerweise begründet die oberste politische Exekutive der Schweiz den Entscheid damit, dass sie keine politische Wahl treffen durfte. Bei der Evaluation des neuen Kampfjets hat sich das VBS nämlich an strenge Bedingungen gehalten – an Kriterien, bei denen die Politik aussen vor bleiben sollte. Dies, um Unregelmässigkeiten und Mauscheleien wie beim geplanten Gripen-Kauf zu verhindern.
Das ist bis jetzt gelungen. Aber die Kriterien, die der Bundesrat festgelegte, haben seinen Spielraum wohl zu stark eingeschränkt. Offenbar ist der Landesregierung bei der Wahl des F-35 denn auch nicht ganz wohl.
Bundesrätin Viola Amherd liess nämlich kurz vor dem Entscheid noch vom Bundesamt für Justiz abklären, ob der Bundesrat anders entscheiden könnte, ohne gegen das öffentliche Beschaffungsrecht zu verstossen. Das Bundesamt für Justiz meinte: Nein. Also hat sich der Bundesrat selber so stark eingeschränkt, dass er keine Wahl mehr hatte: Er musste den F-35 wählen.
Fragen zu den Kosten bleiben
Die technische Auswertung wirft aber weitere Fragen auf. Das VBS kommt zum Schluss, dass der F-35 das billigste Kampfflugzeug im Angebot ist. Das erstaunt, da der F-35 zwar generell als der technologisch am weitesten entwickelte Kampfjet gilt, aber dementsprechend auch als der Teuerste. Das hat ihm in den USA vom Rechnungshof der US-Regierung wie auch im US-Militär Kritik eingebracht.
Weshalb die Schweiz als erstes Land diesen Jet verhältnismässig billig fliegen könnte, bleibt rätselhaft. Ausserdem wurde das Tarnkappenflugzeug für den Angriff entworfen weit weg vom Kerngebiet, das es zu verteidigen gilt. Und für die Zusammenarbeit mit den Nato-Partnern.
Neue nationale Diskussion droht
Weshalb ein solcher Jet für die neutrale Schweiz der Richtige ist, die ihr Militär primär auf die defensive Verteidigung ausrichtet, bleibt ebenfalls offen.
Diese Fragen wird der Bundesrat in der nächsten Zeit beantworten müssen. Zwar wollte er bei dieser Kampfjet-Beschaffung eine nationale Typus-Debatte verhindern, weil sie bei der Abstimmung über den schwedischen Gripen das Pro-Lager spaltete und zur Ablehnung führte. Nun droht wieder eine nationale Kampfjet-Diskussion. Es ist ungewiss, wer diesen Poker gewinnt.