Der noch kleine Ökologische Jagdverein Schweiz habe auffallend viele junge Mitglieder, darunter überdurchschnittlich viele Frauen und Forstleute, sagt der 28-jährige Co-Präsident Gianluca Flepp: «Es sind Leute, die Wert auf eine ökologische Jagd legen, sich stark für die Natur und auch für nicht jagdbare Arten interessieren.»
Es sind Leute, die sich stark für die Natur und auch für nicht jagdbare Arten interessieren.
Es seien Jäger und Jägerinnen, die nicht den Hirsch mit dem grössten Geweih im Visier hätten. Ökologisch jagen bedeutet laut Flepp, das Tierwohl im Auge zu haben, Flora und Fauna zu fördern, gestützt auf die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Problematische Vogeljagd
Traditionelle Jagdvereine hätten oft eine lange Geschichte, was auch sehr schön sein könne, so Flepp. Allerdings bestehe da natürlich die Gefahr, dass etablierte Jagdmethoden und Ansichten nicht angepasst oder hinterfragt würden.
Problematisch sei zum Beispiel der Brauch, die erlegte Beute stolz auf dem Dorfplatz an der Sonne zu präsentieren, statt das Fleisch aus Hygienegründen direkt zum Metzger zu fahren.
Es besteht die Gefahr, dass etablierte Jagdmethoden und Ansichten nicht angepasst oder hinterfragt werden.
Ein Problem sei auch die traditionelle Vogeljagd – etwa auf das seltene Schneehuhn oder den raren Birkhahn, so Flepp. Hier brauche es auf Bundesebene Massnahmen, um die Jagd auf gefährdete Arten schnell zu verbieten.
Jagd Schweiz: keine grossen Unterschiede
Der neue Jagdverein wurde im letzten November gegründet und zählt aktuell landesweit 50 Mitglieder. 30'000 Mitglieder hat der über 100-jährige Dachverband Jagd Schweiz.
Dessen 53-jähriger Geschäftsführer David Clavadetscher sieht keinen grossen Unterschied zwischen den beiden Organisationen: «Seit vielen Jahren wird in der Schweiz nachhaltig und ökologisch gejagt. Das ist im Bundesgesetz zur Jagd seit 1986 festgeschrieben.»
Seit vielen Jahren wird in der Schweiz nachhaltig und ökologisch gejagt.
Bei der Umsetzung des eidgenössischen Jagdgesetzes hapere es jedoch, findet Flepp. Gewisse Kantone seien zwar schon ziemlich gut aufgestellt, bei anderen gebe es noch Handlungsbedarf.
Wie wichtig sind Wolf und Luchs?
Deutlich auseinander gehen die Meinungen bei Wolf und Luchs. Jagd Schweiz begrüsst die Grossraubtiere zwar, setzt sich aber auch dafür ein, dass sie geschossen werden können, wenn es für die Jägerschaft zu wenig Beute hat. Für den ökologischen Jagdverein hingegen sind Wolf und Luchs wichtig für ein funktionierendes Ökosystem.
Ein Problem sehen beide Vereine darin, dass die Wildtiere zu häufig gestört werden. Stellvertretend sagt dazu Clavadetscher von Jagd Schweiz: «Freizeitverhalten und 24-Stunden-Gesellschaft lassen Wildtieren keine Ruhe – weder im Winter noch im Sommer.» Die Lebensräume der Tiere müssten deshalb verbessert werden.
Tiefere Wildbestände wegen Schutzwald
Anders als man vielleicht meinen könnte, ist der ökologische Jagdverein nicht grundsätzlich dafür, möglichst wenig Tiere zu schiessen. Im Gegenteil. Die vielen Hirsche, Rehe und Gämsen seien mancherorts eine Gefahr für den Schutzwald.
«Natürlich ist es für den Jäger interessant, wenn es viel Wild im Wald hat und er es ansprechen und erlegen kann», so Flepp. Doch für den Schutzwald seien tiefere Wildbestände zentral. Denn die vielen Wildtiere fressen den künftigen Schutzwald weg.
Für die Schweiz ist ein ökologischer Jagdverein ein Novum. Vorbilder mit ähnlichen Namen gibt es in Deutschland. Ziel sei, dass es den Verein in 20 Jahren nicht mehr brauche, weil die Jagd in der Schweiz dann ökologisch sei, betont Flepp.